Immobilien (Dienstleistungen)

Immobilienmakler: Grundbuch statt Sparbuch?

Die Branche der Immobilienmakler steht nach „jahrelanger Party“ mit der Corona-Krise am „Anfang einer neuen Zeitrechnung“.

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von Regiomanager 14.10.2020
Vermögensplanung in Stein und Beton (Foto: ©jirsak – stock.adobe.com) | Reinhold Häken

Ein Drittel Geld, ein Drittel Gold, ein Drittel Immobilien hieß einst die „krisensichere“ Empfehlung. Ging in schlechten Zeiten das Barvermögen verloren, dienten Edelmetall und vor allem die eigenen vier Wände als zuverlässiger Schutz vor dem Bettelstab. In Zeiten von Börsenzock und Zinswetten, Optionen, Hedgefonds und Negativzinsen ist die Suche nach sicheren Häfen noch intensiver geworden, gewinnen Vermögenswerte mit Bestand wieder an Bedeutung.
Grundbuch statt Sparbuch: Gerade in Krisenzeiten gelten Immobilien als sicheres Investment, denn anders als bei Wertpapieren ist bei Immobilien pekuniärer Totalschaden praktisch ausgeschlossen. Doch nicht jede Immobilie erweist sich als krisenfeste Investition. Anlageprofis raten daher, zunächst vor allem in Zeit und fachlichen Beistand zu investieren. „Der Immobilienmakler ist hier unverzichtbarer Helfer“, sind die Berufsverbände überzeugt.

300 Milliarden Investitionsvolumen

Im vergangenen Jahr wurden mehr als 300 Milliarden Euro auf den deutschen Immobilienmärkten investiert. 11,6 Prozent über Vorjahresvolumen, so eine Hochrechnung des Immobilienverbandes Deutschland (IVD). Der Anstieg des Investitionsvolumens sei der höchste der vergangenen vier Jahre, sagt Jürgen Michael Schick, Präsident des IVD. Der Verband hat 6.000 Mitgliedsunternehmen und zählt 35.000 selbstständige und angestellte Immobilienmakler in Deutschland. Sie sind jährlich bei rund 40 Prozent aller Immobilientransaktionen beratend tätig und setzen über 405.000 Vermittlungen mit einem Transaktionsvolumen von knapp 95 Milliarden Euro um.
Laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes gab es 2017 über 70.000 Immobilienmakler in Deutschland. Viele Makler-Unternehmen seien mit Banken und Sparkassen verbunden und sorgten für Verwerfungen in den Statistiken. So sei die Sparkassen-Finanzgruppe als Ganzes betrachtet sogar der größte Immobilien-Vermittler in Deutschland, sie ordne die dort tätigen Mitarbeiter aber anderen Branchen zu.

Corona verändert den Markt

Wie auch andere Branchen wurden die Immobilienmakler durch die Corona-Krise und den Lockdown zunächst schwer getroffen, die Aktivitäten und Umsätze auf unterstem Niveau eingefroren. Wie sich die Zahlen mittelfristig präsentieren, bleibt abzuwarten, so der IVD. Die Nachfrage nach Gewerbeimmobilien sei im ersten Halbjahr in allen Segmenten eingebrochen. Auch bei Einzelhandelsimmobilien sei die Nachfrage während des Lockdowns gesunken. Der stationäre Einzelhandel erhole sich langsam wieder, analysiert der IVD. Allerdings sei absehbar, dass die Flächennachfrage sich mittelfristig nicht erholen werde. Bei Büroimmobilien sei es wahrscheinlich, dass Mieter auf kürzere Laufzeiten oder flexiblere Vertragskonditionen Wert legen werden. Bei Einzelhandelsimmobilien seien derzeit eher kleinere Flächen nachgefragt.
„Der Trend zum Wohnen am Stadtrand dürfte auch vom Trend zum Homeoffice profitieren. Wenn der Präsenzzwang und damit das Arbeitspendeln ganz oder weitgehend wegfallen, gewinnen Wohnungen im ländlichen Raum an Attraktivität“, haben die Immobilienmakler analysiert. Sie schließen daraus: Homeoffice wird neue Wohnbedürfnisse wecken. Ein Arbeitszimmer, höhere Aufenthaltsqualität, Nähe zu Naherholungsangeboten und eventuell auch ein eigener Garten locken.

„Anfang einer neuen Zeitrechnung“

Was der Verband „eine neue Orientierungsphase mit Flächenbedarfen für Hygieneabstände“ nennt, sei „der Anfang einer neuen Zeitrechnung“, so Peter Wallisch, stellvertretender Vorsitzender des IVD-Regionalverbandes West. „Die Banken sind bei Finanzierungszusagen sehr zurückhaltend. Im gewerblichen Bereich sind aber auch die Akteure, die nicht zu den Gewinnern zählen, sehr verhalten. Sie müssen sich erst einmal um die praktischen Dinge kümmern, damit ihr Unternehmen überleben kann. Da bleiben wenig Zeit und wenig Mut, sich um Dinge zu kümmern, die in der Zukunft liegen“, zeigt Wallisch die aktuelle Problematik der Branche auf. Mit dem Lockdown sei das Geschäft gegen null geschrumpft, Besichtigungen seien praktisch nicht möglich gewesen. „Viele Kollegen haben versucht, mit virtuellen Präsentationen Informationsplattformen zu schaffen. Als Folge von Corona wird die virtuelle Wohnungs- oder Hausbesichtigung künftig Standard oder willkommene Ergänzung werden. Auch wenn derzeit bis auf das Neugeschäft wieder weitgehend Normalität eingetreten ist, ist die Verunsicherung allenthalben zu spüren“, analysiert er. „Die Immobilie wird in der Bedeutung zulegen, aber es wird Veränderungen geben“, ist Wallisch überzeugt.Reinhold Häken
| redaktion@regiomanager.de

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