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BIM – Building Information Modeling: Der digitale Hammer

Building Information Modeling, kurz BIM, ist ein Thema, das die Digitalisierung auch im Handwerk vorantreiben kann. Wir haben zwei Experten gefragt, wo die Vorteile liegen und wie man den Einstieg schaffen kann.

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von Regiomanager 11.07.2022
© black_mts − stock.adobe.com

In der Baubranche ist das Thema längst nicht mehr wegzudenken: kein größeres Bauvorhaben, das nicht mit BIM abgewickelt wird. Building Information Modeling ist eine kooperative Arbeitsmethode aus Basis eines 3D-Modells, in dem jede Menge Daten zu einem Bauprojekt gesammelt werden und auf die jedes Gewerk Zugriff hat.
„BIM betrifft immer mehr Akteure in der Bauwirtschaft“, erklärt Nils Koch to Krax, wissenschaftlicher Mitarbeiter am BIM-Institut der Bergischen Universität Wuppertal. „Das Bauhandwerk, mit seiner besonderen Rolle gerade in Deutschland, nimmt diesen Wandel unterschiedlich auf. In unserer Tätigkeit am BIM-Institut sind wir sehr bemüht, die Möglichkeiten und potenziellen Hemmnisse zu erforschen, die das Bauhandwerk bezüglich der Digitalisierung im Allgemeinen und der Partizipation am BIM betreffen.“


Die Herausforderung meistern


Das Bauhandwerk nimmt beim BIM eine wichtige Rolle ein, da es nicht nur BIM-konforme Aufträge entgegennehmen können muss, sondern auch relevante Informationen zu Bauteilen, Baustoffen und Prozessen in das BIM-Modell zurückspielen kann, die einen erheblichen Mehrwert für das gesamte Konzept von BIM darstellen. „In unterschiedlichen Forschungsprojekten beschäftigen wir uns mit Strategien und Weiterbildungskonzepten zur Unterstützung von Bauhandwerksunternehmen“, berichtet Koch to Krax. „Als Teil des ‚Kompetenzzentrum Digitales Handwerk‘ im ‚Schaufenster Digitales Bauen‘ haben wir gemeinsam mit anderen Institutionen den Digitalen Leitbetrieb entwickelt.“ Dieser soll Bauhandwerksunternehmen als Hilfestellung dienen, ihren Betrieb eigenständig zu digitalisieren. Darüber hinaus wurden Weiterbildungsworkshops entwickelt und angeboten. Teile davon wurden im aktuellen Projekt „DigIT_Campus – das Bauhandwerk der Zukunft“ übernommen und weiterentwickelt. Hier werden im laufenden Jahr auch noch Workshops für KMUs angeboten. „Um bei BIM ‚mitspielen‘ zu können, ist es in erster Linie notwendig, die eigenen Prozesse im Betrieb möglichst digital abwickeln zu können, um notwendige Informationen BIM-konform bereitstellen zu können, ohne einen erheblichen Mehraufwand zu generieren. Dabei hilft DigIT_Campus.“ Eine gute Auftragslage, eine unübersichtliche Vielzahl an digitalen Werkzeugen bei Soft- und Hardware, vermeintlich hohe Kosten und fehlendes Verständnis von Digitalisierung und BIM stellen oft die größten Hemmnisse für KMUs dar. „Darum setzten wir uns bei unserer Forschung dafür ein, auch für diesen wichtigen Akteur in der Bauwirtschaft Hilfestellung und Standards zu entwickeln, mit denen sich diese Herausforderung meistern lässt.“

“BIM ist keine Software”

Interview mit Dr.-Ing. Thomas Siemer vom Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk, einem Projekt, das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gefördert wird.

RM: Wer nutzt heute BIM?

Thomas Siemer: Heute haben bereits einige Handwerksunternehmen die Vorteile von BIM erkannt. Es sind bisher wenige, aber es werden mehr. Diese Unternehmen nutzen die kollaborative Arbeitsweise in ihrem Unternehmen, weil sie erkennen, dass sie große Vorteile besitzt, z.B. arbeitet man immer mit aktuellen Planungsunterlagen.

RM: Hat sich BIM in den letzten Jahren verändert oder verbessert?

Thomas Siemer: Zunächst einmal zum Verständnis: BIM ist keine Software, die man anwendet, sondern eine Arbeitsmethode, in der offen miteinander gearbeitet wird. Also durchaus anders, als das im Bauprozess heute passiert. BIM funktioniert nicht nur auf der Baustelle, sondern im gesamten Bauprozess, mit allen Baubeteiligten und darüber hinaus. In allen Phasen des Lebenszyklus eines Bauwerks, von der Planung über den Bau, den Betrieb bis zum Abriss.
Verändert hat sich vor allen Dingen, dass die Methode im öffentlichen Bausektor bereits eingefordert wird. Warum? Weil die Vorteile erkannt sind und positive Signale gesendet werden sollen. Dabei wird in den Planungsabteilungen das Bauwerksdatenmodell erstellt. Dieses wird von allen Baubeteiligten, also auch den Handwerkern und Bauherren, genutzt. Handwerksbetriebe können mit einem sogenannten BIM-Viewer in dem BIM-Modell arbeiten; dies bedeutet, sie können die Pläne anschauen. BIM-Viewer sind kostenfrei im Internet verfügbar.

RM: Gibt es Handwerksunternehmen, für die es besonders interessant ist, mit BIM zu arbeiten?

Thomas Siemer: Die Methode ist interessant für jedes Unternehmen, das sich mit der Digitalisierung beschäftigt und bestimmte Grundvoraussetzungen erfüllt. Ganz entscheidend ist, dass sich das Unternehmen wirklich auf diese neue Methode zu arbeiten einlassen will. Natürlich bedeutet Veränderung immer erst einmal einen Aufwand, aber sie bringt auch einen Mehrwert – insbesondere in Zeiten, wo Veränderung durch Digitalisierung immer mehr gefordert wird.

RM: Was kann ich mit BIM machen?

Thomas Siemer: Alle Projektbeteiligten arbeiten prinzipiell mit einem zentralen Datenmodell, also mit ein und derselben Datenumgebung. Der Datenaustauch geschieht in Realzeit im Bauwerksdatenmodell, ohne Papier und E-Mails. Mit BIM werden die Daten der eigenen Planung in das Modell übernommen und sind sofort für alle Beteiligten sichtbar. Als Handwerker kann ich Fotos von der eigenen geleisteten Arbeit („as built“ – wie gebaut) in das Modell implementieren. Damit ist meine Arbeit dokumentiert und sofort für alle Projektbeteiligten sichtbar. Auch die gesamte Kommunikation läuft über das BIM-Modell. Notizen und Kommentare können auf dem digitalen Weg für alle Beteiligten zugänglich gemacht werden.

RM: Was mache ich als Unternehmer, wenn ich mich in diesem Bereich fortbilden will?

Thomas Siemer: Alle Interessenten können sich gern an uns, das Mittelstand-Digital Zentrum Handwerk, wenden. Bisher richten sich leider die meisten Schulungen an Planer und Architekten. In den Bildungszentren des Baugewerbes e.V. werden passende für das Handwerk angeboten.

RM: Welche Kosten bzw. Aufwände kommen als Unternehmen auf mich zu, wenn ich mit der Methode BIM arbeiten möchte?

Thomas Siemer: BIM ist keine Software, die ich kaufen und dann anwenden kann. BIM ist eine effiziente und kollaborative Arbeitsmethode. Bei dieser Methode müssen alle Partner in einem Bauwerksdatenmodell arbeiten. Dies bedeutet, dass das Bauwerksdatenmodell vom Planer zur Verfügung gestellt werden muss. Der Handwerker benötigt im einfachsten Fall – wenn er nur die Pläne lesen möchte – nur den BIM-Viewer. Der Aufwand entsteht vor allem in Form von Kosten und Zeitaufwand für die Schulungen zum Umgang mit der neuen Methode.

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