Management

Unternehmenspraxis (Ausgabe 02/2023)

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von Regiomanager 01.08.2023
(© weyo − stock.adobe.com)

PERSONAL & KARRIERE

Jobcenter: weniger Sanktionen

Die Jobcenter mussten im vergangenen Jahr 148.488 Leistungsminderungen gegen erwerbsfähige Leistungsberechtigte aussprechen, 45.241 weniger als im Jahr 2021. Betroffen waren davon laut Bundesagentur für Arbeit 99.571 erwerbsfähige Leistungsberechtigte, 31.389 weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Leistungsminderungen liegt erheblich unter dem Niveau vor der Pandemie. Im Jahr 2019 wurden noch 806.811 Minderungen ausgesprochen. Gründe sind neben den Folgen der Corona-Pandemie auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2019 und das sogenannte „Sanktionsmoratorium“: Von Juli 2022 bis Dezember 2022 führt das erste Meldeversäumnis nicht zu einer Leistungsminderung. In die Statistik gehen nur die Minderungen aufgrund aller weiteren wiederholten Meldeversäumnisse ein. Rechtsfolgen aufgrund von Pflichtverletzungen waren in diesem Zeitraum nicht zulässig. Daher werden neu ausgesprochene Sanktionen während dieses Zeitraums nicht nach Gründen unterschieden. Das „Sanktionsmoratorium“ ist zum Ende des vergangenen Jahres ausgelaufen. Ab Januar dieses Jahres müssen die Jobcenter wieder Leistungsminderungen prüfen und gegebenenfalls aussprechen. Verletzen erwerbsfähige Leistungsberechtigte ihre Pflichten oder liegen Meldeversäumnisse vor, können sich die Leistungen mindern. Von einer Pflichtverletzung ist dann die Rede, wenn eine zumutbare Arbeit bzw. Ausbildung oder eine Maßnahme zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nicht angetreten oder abgebrochen wird. Ein Meldeversäumnis liegt vor, wenn Termine im Jobcenter oder beim Ärztlichen oder Berufspsychologischen Dienst ohne wichtigen Grund nicht wahrgenommen werden. Bei der ersten Pflichtverletzung wird der Regelbedarf um 10 Prozent für einen Monat, bei einer zweiten Pflichtverletzung um 20 Prozent für zwei Monate und in der letzten Stufe um 30 Prozent für drei Monate gemindert.


Chancenkarte für Fachkräfte


Der Bundesverband der Personalmanager*innen hat sich positiv zur „Chancenkarte“ geäußert. Diese wird seit einigen Monaten diskutiert und soll die Fachkräfteeinwanderung weiter beschleunigen. Nun hat das Bundeskabinett dem gemeinsamen Gesetzesentwurf des Innen- und Arbeitsministeriums zugestimmt. Über ein Punktesystem soll die Zuwanderung künftig einfacher und schneller ablaufen. Ausländer – auch aus Nicht-EU-Ländern – können damit ohne vorherige formelle Anerkennung der Berufsqualifikation zur Arbeitssuche nach Deutschland kommen. Damit reformiert der aktuelle Entwurf das Fachkräfteeinwanderungsgesetz. „Als Bundesverband der Personalmanager*innen begrüßen wir die Initiative des Kabinetts“, so der Verband. „Angesichts des Fachkräftemangels sind neue Initiativen zur Einwanderung dringend nötig. Mit der Chancenkarte rückt die Berufserfahrung in den Vordergrund. Dadurch können die Unternehmen mitentscheiden, welche Anwärter*innen für ihre offenen Stellen infrage kommen. Die bisher erforderliche vorherige Prüfung der Qualifikation war eine oft abschreckende bürokratische Hürde.“ In Zukunft soll erst nach der Einreise geprüft werden, ob die Berufsqualifikation der Bewerber gleichwertig ist. „Damit dies nicht erneut zum bürokratischen Flaschenhals wird, plädieren wir als BPM für eine zügige und unbürokratische Prüfung. Nur so haben die Unternehmen und die Beschäftigten schnell Sicherheit über den Aufenthalt.“


Externe für Digitalisierung


Sie helfen bei der Digitalisierung, sind Spezialisten in ihrem Fach und flexibel einsetzbar: SoloSelbstständige und Beschäftigte von Fremdfirmen. Ein großer Teil der Unternehmen kann nicht auf sie verzichten, wie eine neue Befragung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt. Jedes vierte Unternehmen setzt auf spezialisiertes Fremdpersonal. Solo-Selbstständige und Beschäftigte von Fremdfirmen sind ein wichtiges Mittel, um einen vorübergehenden Bedarf zu decken. Gleichzeitig sind sie schnell verfügbar und bringen spezifisches Know-how mit, das den eigenen Beschäftigten fehlt. Vier von zehn Unternehmen, die Solo-Selbstständige beauftragen, setzen diese in der IT ein. Im Fall von Angehörigen aus Fremdfirmen sind es drei von zehn. Wo Fremdpersonal zum Einsatz kommt, sind in den vergangenen beiden Jahren mehr moderne Technologien in die Arbeitsabläufe integriert worden als anderswo. Solo-Selbstständige helfen bei der Einführung digitaler Grenztechnologien, wie künstlicher Intelligenz und Virtual Reality. Fachkräfte aus Fremdfirmen spielen eine wichtige Rolle bei der Installation und Integration von schon einsatzfähigen Digitalisierungstechnologien. Somit beschleunigen sie den digitalen Wandel von Unternehmen. Fremdpersonal ist nicht nur für die wirtschaftliche Entwicklung des einzelnen Unternehmens, sondern auch für die gesamtdeutsche Wirtschaft relevant. Sie zu beauftragen, ist für die Unternehmen aber häufig noch aufwendig und rechtlich unsicher. Dienst- und Werkverträge stehen häufiger unter Generalverdacht – laut IW zu Unrecht. „Unternehmen fragen Solo-Selbstständige und Werkverträge nach, weil sie einen sehr spezifischen Bedarf haben. Das schafft Flexibilität und Geschwindigkeit“, sagt IW-Direktor Michael Hüther. „Solche Instrumente haben einen hohen Stellenwert in den deutschen Unternehmen, gerade vor dem Hintergrund der großen Transformationsaufgaben.“ Weitere Regulierungen hingegen könnten ein Bremsfaktor sein, etwa bei der Digitalisierung und dem Klimaschutz.

KONJUNKTUR

Weltweit hohe Inflation

Wirtschaftsexperten aus aller Welt erwarten weiterhin hohe Inflationsraten. Das geht hervor aus dem Economic Experts Survey, einer vierteljährlichen Umfrage des ifo Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik. Demnach wird die Inflationsrate in diesem Jahr weltweit sieben Prozent erreichen, im kommenden Jahr dann 5,9 Prozent und 2026 noch fünf Prozent. „Die Erwartungen für 2023 sind gegenüber der Umfrage zu Jahresbeginn nahezu identisch. Für das kommende Jahr und 2026 sind die Inflationserwartungen sogar etwas gestiegen“, sagt ifo-Forscher Niklas Potrafke. „Die Inflation bleibt auf einem sehr hohen Niveau.“ In Westeuropa (5,3 Prozent), Nordamerika (fünf Prozent) und Südostasien (5,1 Prozent) liegen die Inflationserwartungen für 2023 deutlich unter dem weltweiten Durchschnitt. „Zum Rückgang der Inflationserwartungen in Europa haben auch die Zinserhöhungen der EZB beigetragen“, so Potrafke. Besonders hoch sind die Inflationserwartungen dagegen in Südasien (22,5 Prozent), Südamerika (46,1 Prozent), Nordafrika (32,7 Prozent) und Ostafrika (29,9 Prozent).


Weniger Auslandsinvestitionen


Aufgrund der gestiegenen Energiepreise und der gebremsten Weltkonjunktur investieren deutsche Industrieunternehmen derzeit im Ausland weniger. Zugleich will fast jeder dritte Industriebetrieb mit Investitionsplänen im Ausland damit vor allem Kosten sparen. Das zeigt eine aktuelle DIHK-Sonderauswertung. „Starke Auslandsinvestitionen deutscher Unternehmen sind grundsätzlich eine gute Sache. Denn sie sichern bei der international eng vernetzten deutschen Wirtschaft auch die Standorte im Inland“, sagt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. „Allerdings sehen wir aktuell zwei bedenkliche Entwicklungen: Mit nur noch 41 Prozent der Industriebetriebe wollen derzeit so wenige Unternehmen im Ausland investieren wie zuletzt 2009. Und bei den Motiven ist neben den klassischen Beweggründen wie Kundenbindung und Markterschließung die Kostenersparnis wieder auf dem Vormarsch.“ Von den Industrieunternehmen mit Investitionsplänen im Ausland nannten 32 Prozent „Kostenersparnis“ als Motiv – ein sprunghafter Anstieg im Vergleich zum Vorjahr (26 Prozent). „Einen solch hohen Wert hatten wir zuletzt 2008“, so Treier. „Bei den kleineren Unternehmen mit weniger als 500 Beschäftigten ist dieser Anteil mit gut einem Drittel fast so hoch wie im Jahr 2004, als Deutschland noch als ‚kranker Mann Europas‘ galt. Deshalb sollten wir diese Zahlen sehr ernst nehmen. Es sind Anzeichen einer schleichenden Produktionsverlagerung.“ Bei kleineren Unternehmen unter 500 Beschäftigten geben der Auswertung zufolge 33 Prozent nach 27 Prozent im Vorjahr Kostenersparnis als Investitionsgrund an, fast so viele wie 2004 (36 Prozent). Auch bei großen Unternehmen (mehr als 1.000 Beschäftigte) wird das Kostenmotiv bedeutender (30 Prozent nach nach zuvor 26 Prozent), liegt allerdings noch weit unter dem Rekordwert von 44 Prozent im Jahr 2004.

DIGITALISIERUNG

Knapp sechs Prozent offline

Ob digitales Deutschlandticket, Terminbuchungen oder Überweisungen – viele Dienstleistungen werden (fast) nur noch online angeboten. Für Menschen ohne Internet wird der Alltag zunehmend schwieriger zu bewältigen. Knapp sechs Prozent der Menschen im Alter zwischen 16 und 74 Jahren waren im Jahr 2022 in Deutschland sogenannte Offliner, d. h., sie haben noch nie das Internet genutzt. Das entspricht knapp 3,4 Millionen Menschen in Deutschland, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt. Am größten war der Anteil derer, die das Internet noch nie genutzt haben, in der Altersgruppe der 65- bis 74-Jährigen: Hier war gut ein Sechstel (17 Prozent) offline. In der Altersgruppe der 45- bis 64-Jährigen haben fünf Prozent das Internet noch nie genutzt. Bei den unter 45-Jährigen gab es noch zwei Prozent Offliner. Im EU-Durchschnitt lag der Anteil der Offliner laut Eurostat im Jahr 2022 bei sieben Prozent. In den Mitgliedstaaten der Europäischen Union gab es dabei deutliche Unterschiede: In den skandinavischen Staaten, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Irland haben jeweils weniger als vier Prozent der 16- bis 74-Jährigen noch nie das Internet genutzt. Die höchsten Anteile verzeichneten Griechenland und Portugal (jeweils 14 Prozent) sowie Kroatien und Bulgarien (jeweils 13 Prozent).

UMWELT

Tools zum Klimaschutz

Digitale Technologien spielen bei den Klimaschutzbemühungen in der deutschen Wirtschaft heute bereits eine große Rolle. Mehr als drei Viertel der Unternehmen (77 Prozent) geben an, bei ihnen sei der CO2-Ausstoß durch den Einsatz digitaler Technologien und Anwendungen gesunken. Am größten ist dieser Effekt in der Industrie (86 Prozent), dahinter folgen Handel (81 Prozent) und Dienstleistungsunternehmen (71 Prozent). Das sind die Ergebnisse einer Befragung von 603 Un-ternehmen ab 20 Beschäftigten in Deutschland im Auftrag des Bitkom. Die Befragung ist repräsentativ für die Gesamtwirtschaft. Demnach sind für eine überwiegende Mehrheit klimafreundliche Technologien ein klarer Wettbewerbsfaktor: 91 Prozent sehen Unternehmen, die in nachhaltige Technologien investieren, langfristig im Vorteil. 83 Prozent wünschen sich mehr Beratungsangebote, wie digitale Technologien für mehr Nachhaltigkeit eingesetzt werden können. Vier von zehn Unternehmen haben schon einmal eine entsprechende Beratung in Anspruch genommen. „Ohne digitale Technologien kann die deutsche Wirtschaft ihre Klimaziele nicht erfüllen“, so Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Energieeffizienz, Klimaschutz und die Dekarbonisierung hängen untrennbar mit der Digitalisierung zusammen. Je mehr Unternehmen grüne Technologien einsetzen und so Energie sparen und ihren CO2-Ausstoß reduzieren, desto größer ist der Beitrag für das Klima.“

Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

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