Produktion

Metallbe- und -verarbeiter: Stanzen, Ziehen, Walzen …

Die Branche der Metallbe- und -verarbeiter präsentiert sich vielfältig – doch alle Bereiche leiden trotz guter Konjunktur unter explodierenden Stahlpreisen.

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von Regiomanager 01.06.2018
Auf modernen Fertigungsautomaten wie hier bei Seeberger in Schalksmühle werden Stahl, Edelstahl, Messing, Aluminium oder Kupfer bearbeitet Foto: Seeberger

Sie sind Spezialisten, manchmal kleinste Zulieferer, aber auch weltweit agierende Konzernunternehmen, die sich dem Werkstoff Metall widmen und als Metallbe- und -verarbeiter stanzen, ziehen, walzen, drücken, lasern, schneiden, kanten, schleifen, bohren, drehen, fräsen, sägen, biegen, gießen, schmieden und schweißen. Die Branche ist weitgefächert, kaum eindeutig abzugrenzen, aber durch enge Verknüpfungen als Partner in der Wertschöpfungskette mit fast allen Wirtschaftszweigen eng verbunden.

Die Stahl- und Metallverarbeitung zählt nach Umsatz und Beschäftigtenzahl zu den zehn großen, mittelständisch geprägten Industriezweigen in Deutschland. Die etwa 5.000 Betriebe mit rund 500.000 Beschäftigten erwirtschaften einen Umsatz von 80 Milliarden Euro. Zu den Kunden gehören u. a. die Automobilindustrie, der Maschinen- und Anlagenbau, die Elektronik- und Elektroindustrie, der Bau- und Einzelhandel sowie die Bauwirtschaft. Die Unternehmen sind überwiegend kleine und mittlere Betriebe, davon haben die meisten (79 Prozent) weniger als 100 Beschäftigte. Die Unternehmen selbst sind wichtige Kunden der Stahlerzeuger. Sie verarbeiten 20 Millionen Tonnen Stahl im Jahr – rund 40 Prozent der deutschen Stahlproduktion.

Nähe zur Stahlindustrie

Aus der Nähe zur Stahlindustrie resultiert eine starke Konzentration der Branche auf Nordrhein-Westfalen: Fast die Hälfte der im Wirtschaftsverband Stahl- und Metallverarbeitung (WSM) registrierten Betriebe produziert in diesem Bundesland. Jeder fünfte Arbeitsplatz der Metall- und Elektroindustrie in NRW wird von der Stahl- und Metallverarbeitung gestellt. Metallverarbeiter zeichnen sich durch hohe Spezialisierung und Wettbewerbsintensität aus. Die Unternehmen sind Drahtzieher, Kaltwalzer, sind als Härtereien, Schmieden, Stanzereien oder Oberflächenbehandler tätig und fertigen für die internationalen Märkte der Automobil-, Elektro- und Bauindustrie, den Maschinenbau und den Handel.

Neben Dienstleistungen, wie die mechanische Bearbeitung von Stahl- und Aluminium- oder Gussteilen, produzieren die Unternehmen viele kleine Teile in großen Serien. Die verschiedenen Verfahren der Metallverarbeitung unterscheiden auch die Unternehmen: Es gibt die spanabhebenden Verfahren (Bohren, Drehen, Fräsen, Schleifen, Sägen, Gewindeschneiden, Gravieren) und Spezialisten, die sich auf nicht spanabhebende Bereiche (Biegen, Gießen, Hämmern, Prägen, Punzieren, Schmieden, Treiben, Stanzen, Walzen, Ziehen, Ätzen) konzentrieren. Unternehmen der Metallbranche setzen aber auch verbindende Produktionsverfahren wie Schweißen, Löten, Kleben und Plattieren ein. Unterschiede gibt es auch durch die Art des Metalls. Neben Schwermetall und Leichtmetall kommen auch Nichteisenmetall und Edelmetall zum Einsatz.

Viele Zulieferer

Den meist kleinen und mittelständischen Unternehmen gesellen sich auch die metallverarbeitenden Handwerksbetriebe zu. Rund 36.500 kleine und mittlere Unternehmen, 28.000 Lehrlinge, 465.000 Mitarbeiter und rund 57 Milliarden Euro Umsatz – das ist Metallhandwerk in Deutschland. Metallhandwerk steht für die ganze Vielfalt metallverarbeitender Unternehmen: Maschinenbau, Werkzeugbau, Metall- und Stahlkonstruktionen im Hoch- und Tiefbau, Klimaschutz und Mobilität, öffentliche Infrastruktur und modernes Wohnen.

Da auf Arbeitgeberseite die Metallindustrie traditionell eng mit der Elektroindustrie verbunden ist, werden eindeutige Abgrenzungen schwierig. Die M+E-Industrie in Deutschland beschäftigte im Jahr 2017 rund 3,75 Millionen Mitarbeiter und verkaufte Güter für rund 1.158 Milliarden Euro, darunter waren 747 Milliarden Euro Auslandsumsatz (direkte Exportquote: 55,8 Prozent). Knapp 80 Prozent der Exporte entfallen auf die drei großen Branchen Automobilindustrie, Maschinenbau und Elektroindustrie. Die wichtigsten Abnehmerländer (2017) deutscher Exporte sind die USA, China, Frankreich, Großbritannien und Italien.

Status quo der Branche

Die Bilanz der M+E-Industrie für das Jahr 2017 fällt durchweg positiv aus. Mit einem Wachstum der Produktion von 3,6 Prozent schaffte die Branche den höchsten Zuwachs seit 2011. Die Umsätze legten um 5,7 Prozent zu und erreichten mit 1,16 Billionen Euro einen neuen Rekord. Ein wesentlicher Treiber der guten Entwicklung war der Export. Die Verkäufe im Ausland stiegen um 5,6 Prozent auf fast 750 Milliarden Euro. Die M+E-Unternehmen stellten im Jahresverlauf rund 85.500 Mitarbeiter zusätzlich ein – nach 30.000 im Jahr 2016. Insgesamt arbeiteten 2017 rund 3,89 Millionen Menschen in der M+E-Industrie. Es zeichnet sich aber ab, dass die angespannte Lage auf dem Arbeitsmarkt den Aufbau von Arbeitsplätzen künftig immer stärker begrenzen wird. Mehr als 300.000 offene Stellen in den M+E-Berufen hatten die Betriebe im vergangenen Jahr zu besetzen.

„Insgesamt hat sich die M+E-Industrie im vergangenen Jahr sehr gut entwickelt. Es bleibt jedoch zu beobachten, ob angesichts wachsender internationaler Krisen, Unsicherheiten und Gefahren von Handelskonflikten der Kurs der stark exportorientierten M+E-Industrie weiterhin so stabil gehalten werden kann. Hinzu kommt die Herausforderung des weiter steigenden Fachkräftemangels und der äußerst kritisch zu bewertenden sozialpolitischen Schwerpunktsetzung der Großen Koalition. Wir müssen den Rahmen für die Arbeitswirklichkeit im 21. Jahrhundert gestalten. Da liegt viel Arbeit vor uns, die wir zusammen mit der IG Metall und der Politik erledigen müssen“, formuliert Gesamtmetall-Präsident Dr. Rainer Dulger.

„Die derzeitige wirtschaftliche Lage der Betriebe der Metallbranche ist in der Tendenz durchaus zufriedenstellend und stabil“, urteilt Dr. Volker Verch. Der Verlust wichtiger Absatzmärkte sei offenbar von etlichen Unternehmen kompensiert worden, analysiert der Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte die aktuelle Lage der Branche in der Region. Dr. Verch sieht ein „nach wie vor gut laufendes Exportgeschäft“, verdeutlicht aber, dass insbesondere die Unternehmen mit energieintensiver Produktion unter den steigenden Energiekosten leiden.

Dazu gesellt sich die Entwicklung der Stahlpreise, die der Branche das Leben schwer machen. „Die Stahlpreisexplosion treibt erste Unternehmen der blechumformenden Industrie in Liquiditätsprobleme“, beschreibt Bernhard Jacobs, Geschäftsführer des Industrieverbandes Blechumformung (IBU). Kritisch beobachtet der IBU auch die derzeitigen Diskussionen und lehnt die EU-Untersuchung über mögliche Schutzmaßnahmen gegen Stahlimporte aus Drittstaaten ab. Eine Begrenzung der EU-Stahleinfuhren würde den Markt künstlich verknappen und die Preise hochtreiben. Nutznießer wäre die deutsche Stahlindustrie, Verlierer die stahlverarbeitenden Unternehmen. Bernhard Jacobs: „Bereits jetzt hat die Marktwirkung der EU-Untersuchung negative Folgen für Stahlverarbeiter. Importe aus Drittländern sind riskant und entsprechend rückläufig. Der Wettbewerb sinkt, die Preise steigen.“ Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de

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Fotostrecke

Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte

Bernhard Jacobs, Geschäftsführer des Industrieverbandes Blechumformung Foto: IBU

Dr. Rainer Dulger, Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall

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