Die bundesdeutschen Flüssigbrennstoffhändler schauen mit Sorge in die Zukunft: Die geforderte einseitige Energiewende weg von flüssigen Brennstoffen hin zu elektrischen Systemen schreckt die Branche. Vor allem die mittelständischen Unternehmen fürchten mittel- bis langfristig um ihre Existenz. Dabei gebe es unter Klimaschutzaspekten durchaus marktreife Alternativen, heißt es bei UNITI, dem Bundesverband mittelständischer Mineralölunternehmen.
Der Verband repräsentiert nach eigenen Angaben rund 90 Prozent des Mineralölmittelstandes in Deutschland. Seine Mitgliedsunternehmen versorgen jährlich zirka 20 Millionen Menschen mit Heizöl und bedienen damit rund 80 Prozent des Gesamtmarktes beim leichten Heizöl und bei festen Brennstoffen. Viele Mitgliedsunternehmen führen dabei auch gasförmige Brennstoffe. Zusätzlich finden sich Strom und regenerative Energieträger im Portfolio der Händler. Der Bundesverband vertritt zudem die meisten unabhängigen deutschen mittelständischen Schmierstoffhersteller und Schmierstoffhändler. In der Sparte Tankstellen stellen die Mitglieder die Versorgung von täglich 4,5 Millionen Autofahrern sicher. Über 6000 Straßentankstellen und damit rund 40 Prozent des deutschen Tankstellenmarktes, sowie 120 Tankstellen an Autobahnen, werden von den Mitgliedern betrieben. Die rund 1.300 Mitgliedsfirmen des Verbandes beschäftigen über 80.000 Arbeitnehmer und erwirtschaften einen Jahresumsatz von etwa 35 Milliarden Euro.
Alternative Kraftstoffe
Der Verband verschließt sich keineswegs den Klimaschutzforderungen von Paris. Aber er lehnt die einseitige Energiewende bis 2030 ab, welche gekoppelt ist mit Fahrverboten und dem Ausstieg von Benzin-, Diesel- und Gasfahrzeugen.. Vielmehr setzt der Verband auf alternative Kraftstoffe. „Vor allem die CO2-neutralen synthetischen Kraftstoffe können dabei eine bedeutende Rolle spielen“, ist der Vorsitzende von UNITI e. V., Udo Weber, überzeugt. „E-Fuels vereinbaren wirtschaftliche Vernunft und die ehrgeizigen Klimaziele von Paris gleichermaßen. Sie können in Reinform sowie als Beimischung zu herkömmlichen Kraftstoffen eingesetzt werden. Damit sind E-Fuels Brückentechnologie und Ziel zugleich. Mit E-Fuels kann die Tankstellen-Infrastruktur genauso weiter genutzt werden wie der Fahrzeugbestand unserer Kunden.“ Die Technik dafür stehe bereit. Sie fußt vor allem auf dem Fischer-Tropsch-Verfahren und den entsprechenden Weiterentwicklungen. Das ursprüngliche Verfahren entwickelten die Chemiker Franz Fischer und Hans Tropsch 1925 im damaligen Mülheimer Kaiser-Wilhelm-Institut für Kohlenforschung (heute Max-Planck-Institut). Weiterentwickelte Verfahren ermöglichen heute die Herstellung von synthetischen Kraft- und Brennstoffen (E-Fuels) aus Wasser, Kohlendioxid aus der Luft und Strom aus regenerativen Energiequellen. „Damit können die E-Fuels einen entscheidenden Beitrag für das Erreichen der Klimaschutzziele im Verkehr und im Gebäudesektor in Deutschland leisten“, betont Weber. Die Umwandlung von Strom aus erneuerbaren Energien in E-Fuel berge zahlreiche Vorteile: Sie sind leicht speicherbar, besitzen eine hohe Energiedichte und können in den bestehenden technischen Anlagen, von der Industrie über private Heizungsanlagen bis hin zum Auto eingesetzt werden. „Deshalb unterstützen wir die zahlreichen Projekte, die synthetische Kraftstoffe zur Marktreife führen wollen. Verantwortungsvolle Klimapolitik muss global gedacht werden. Mit E-Fuels lassen sich Umweltpolitik, Entwicklungspolitik, Sozialpolitik und Wirtschaftspolitik auf elegante Weise verknüpfen; es entstehen keine Zielkonflikte zwischen der Politik und den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen“, erklärt Weber. „Energiepreise sind die Brotpreise des 21 Jahrhunderts. Energie muss bezahlbar und versorgungssicher bleiben und nachhaltig produziert werden.“ Einseitige Technologie- und Energieträgerverbote lehnen die Verbandsmitglieder ab. Ein gesetzliches Verbot des Verbrennungsmotors würde den Pfad zu CO2-neutralen E-Fuels verschließen. Im Gegensatz zu den erneuerbaren Energien wird die Herstellung der E-Fuels steuerlich nicht unterstützt. Die Verlängerung der Steuerermäßigung für Autogas/LPG sowie Erdgas/CNG und die Beibehaltung von § 60 EnergieStG, die der Bundestag im Sommer beschloss, stärke die mittelständischen Unternehmen der Branche.
Langfristig stabiler Anteil
Der Blick auf den deutschen Energieverbrauch zeigt, dass Erdöl und Erdgas weiterhin mit großem Abstand den Raumwärmemarkt dominieren. Das gilt in noch weit größerem Maßstab für den Verkehrssektor. Elektromobilität macht dort (noch) einen verschwindend geringen Anteil am Gesamtverkehr aus. Vor allem im Schwerlastverkehr, im Schiffbetrieb und bei Flugzeugen wird sich daran auf lange Sicht nichts ändern – darin sind sich Verkehrsexperten einig. Interessant ist die Betrachtung des Energiemixes über einen längeren Zeitraum hinweg. Vergleicht man 1990 und 2016, so stellt man fest, dass der Anteil der Mineralöle an dem Primärenergieverbrauch praktisch konstant geblieben ist (35,1 Prozent in 1996 zu 34,0 Prozent in 2016). Auch der Energieverbrauch insgesamt hat sich nur moderat verringert (von 14.905 auf 13.451 Petajoule).
Der Ölverbrauch in Deutschland war 2016 mit 4.550 PJ (155,3 Mio. t SKE) im Vergleich zum Vorjahr um 1,5 Prozent höher. Die Entwicklung in den einzelnen Sparten verlief allerdings unterschiedlich: Der Verbrauch von Dieselkraftstoff stieg infolge der höheren Nachfrage aus den Bereichen Straßengüterverkehr und Bauwirtschaft um 4,1 Prozent deutlich an. Damit erreichte er mit einem Absatz von gut 38 Mio. t einen neuen Rekordwert. Der Verbrauch von Ottokraftstoff blieb mit 18,2 Mio. t fast nahezu unverändert gegenüber dem Vorjahr. Die Nachfrage nach leichtem und schwerem Heizöl sank 2016 im Vergleich zum Vorjahr, obwohl es im Vergleich zu 2015 kälter war. Auch die Preise verminderten sich im Jahresdurchschnitt 2016 um rund 17 Prozent gegenüber 2015. Die Gründe für den Minderverbrauch sieht die Branche in der voranschreitenden Isolierung von Häusern und Wohnungen sowie der weiter gestiegenen Effizienz der modernen Öl-Brennwertheizungen. Die werde allerdings immer weniger gefördert, beklagt der Verband. Der Schwerpunkt habe sich in die Förderung von Hybridanlagen verändert. Diese Entwicklung könne sich mit Blick auf den Klimaschutz kontraproduktiv auswirken. Gerade auf dem Land seien noch viele alte Ölheizungen in Betrieb. Die vorrangige Förderung von Hybridanlagen könne Anlagenbesitzer von Investitionen in neue Anlagen abhalten, zulasten des Klimaschutzes, warnt die Branche.
Dirk-R. Heuer | redaktion@regiomanager.de
Dirk Heuer
| redaktion@regiomanager.de
Teilen: