Management

Beistand in bitteren Zeiten

Nach einem Großbrand gilt es, die unternehmerische Handlungsfähigkeit so schnell wie möglich wiederzugewinnen. Hierauf können Sie sich vorbereiten.

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von Regiomanager 01.05.2017

In
regelmäßigen Abständen berichten Presse und Fernsehen über spektakuläre
Schadenereignisse in Industrie- und Handelsunternehmen, wie etwa
Feuer-, Elementar-, Maschinen- oder Produktschäden. Unternehmensführung,
Leitungsorgane und alle anderen Mitarbeiter werden hierbei mit völlig
ungewohnten Problemen und Fragestellungen konfrontiert, welche die
ohnehin schon knappen zeitlichen und personellen Ressourcen extrem
belasten. Dabei sind die Entscheidungen, die in den ersten Tagen nach
Schadeneintritt unter Zeitdruck und zum Teil auf Basis unzureichender
Informationen zu treffen sind, entscheidend für die optimale Bewältigung
und Regulierung des Schadens. Der typische Großschaden in Industrie und
Handel ist ein Feuer- oder Elementarereignis (z.B. Überschwemmung oder
Erdbeben) und setzt sich zusammen aus dem eigentlichen Sachschaden
(Teil- oder Totalschaden) an Gebäuden, technischen Einrichtungen und
Vorräten und der hieraus resultierenden Betriebsstörung, dem
Unterbrechungsschaden. Darüber hinaus fallen regelmäßig schadenbedingte
Kosten an, die nicht unmittelbar der Wiederherstellung oder
Wiederbeschaffung dienen, etwa für Aufräumarbeiten oder für
Sachverständigengutachten. Eine strukturierte, professionelle
Schadenbearbeitung ist entscheidend für die möglichst schnelle
Wiederherstellung der Produktions- und Lieferfähigkeit und damit für den
Erhalt bzw. die Wiedererlangung der Präsenz im Markt. Um die hierzu
notwendige Koordinierung aller Maßnahmen sicherzustellen und das Risiko
von Fehlentscheidungen, Missverständnissen und Verzögerungen zu
minimieren, ist ein (im Idealfall bereits präventiv gebildeter)
Krisenstab erforderlich, der unmittelbar nach Schadeneintritt die
Situation einschätzt, Handlungsalternativen prüft, intern und extern
angemessen und einheitlich informiert, Strategie und Vorgehen festlegt,
Zuständigkeiten intern und extern verteilt und letztlich die Umsetzung
der entschiedenen Maßnahmen kontrolliert und ggf. korrigiert. Neben
Feuerwehr, Rettungskräften, Polizei und diversen Behörden (Umwelt,
Brandschutz, Wasser-, Bau- oder Gewerbeaufsicht) ist der Sach- und
Betriebsunterbrechungs-Versicherer über den Schadeneintritt zu
informieren. Gegenüber den Medien ist zunächst Zurückhaltung angebracht.

Kernthemen des unverzüglich stattfindenden ersten Schadengespräches mit dem Versicherer sind:

 

  • Schadenzeitpunkt
  • Schadenursachen, soweit schon bekannt betroffene räumliche und produktionstechnische Bereiche
  • Auswirkung des Sachschadens auf Produktions- und Lieferfähigkeit
  • Klärung,
    welche Bereiche nicht produktionsseitig beeinträchtigt werden
    notwendige, sofort einzuleitende Sanierungs- und Schutzmaßnahmen
  • denkbare Beschleunigungsmaßnahmen, Provisorien, Ausweich- und Fremdbezugs-/Fertigungsmöglichkeiten
  • erste grobe Einschätzung der Sachschadenhöhe und der Wiederherstellungsmöglichkeiten und -dauer
  • Entscheidungen zum Beirats- oder Sachverständigenverfahren zur versicherungstechnischen Schadenerfassung und Abrechnung
  • Auflistung
    der notwendigen Unterlagen wie Handelsregister- und Grundbuchauszüge,
    Revisionsatteste von elektrischen Anlagen und Brandschutzanlagen
    (automatische Löschanlagen u.Ä.), Grundrisse, Fließschemata,
    Anlagenkarteien, Wertgutachten, letzte G+V. usw.
  • Auswirkungen auf Umwelt und Nachbarschaft (ev. Schadenersatzforderungen Dritter, Involvierung des Haftpflicht-Versicherers)

In den folgenden Verhandlungen mit dem Versicherer oder ggf. einem Versicherer-
konsortium und den jeweiligen Sachverständigen sind u.a. folgende Fragen zu klären:

  

  • Werden Gebäude und/oder Produktionsanlagen unverändert aufgebaut/beschafft?

  • Gibt es wesentliche bauliche, technische, brandschutztechnische
    Änderungen aufgrund behördlicher Auflagen oder unternehmerischer
    Entscheidungen?
  • Gibt es Standortveränderungen?
  • Welchen Einfluss haben diese Veränderungen auf Schadenhöhe, Reparatur- und Wiederbeschaffungszeiten?
  • Welche Sanierungs- und Baufirmen, welche Maschinenlieferanten werden zur Angebotsabgabe aufgefordert und dann beauftragt?

  • Kann die Betriebsstörung in Zeit und Höhe gemindert werden durch Zukauf
    von Ware, Arbeitszeit- und Frachtzuschläge, sonstige
    Beschleunigungsmaßnahmen und provisorische Reparaturen oder durch
    Vergabe von Fertigung an Dritte?

  • Ergeben sich durch diese Maßnahmen auch Nutzenstiftungen für das
    Unternehmen über den versicherten Rahmen hinaus (z.B. nach Schadenende
    oder Ablauf der Haftzeit)?

Für die Erfassung der bei der
Schadenbehebung anfallende Kosten- und Beleglawine und damit die
vollständige, schnelle und vertragskonforme Abrechnung des versicherten
Schadens bietet sich z.B. folgende Systematik an:

 

  • Anzulegende Konten für die Sachschadensabrechnung:
  • Gebäudereparatur/Wiederherstellungsaufwand
  • Anlagenreparatur/Wiederherstellungsaufwand

  • Vorräte (RHB zu Wiederbeschaffungspreisen, halb fertige Waren zu
    Herstellkosten, Fertigware je nach Vertrag zu Herstell- oder
    Verkaufspreisen)
  • sonstige Kosten wie Aufräum-, Abbruch-, Abfuhr-, Deponiekosten, Kosten für Sachverständige und Gutachten u. a.

  • Zu berücksichtigen sind Fremdrechnungen und eigene Personal- und
    Materialkosten, jedoch ohne Kosten für alle Beschleunigungsmaßnahmen,
    die in den Betriebsunterbrechungsschaden gehören.

    Ermittlung des Betriebsunterbrechungsschadens:
 


  • Zeiträume des Produktionsstillstandes und der Minderleistungen,
    Mindererlöse und Mindermengen auch nach Ende der Reparatur und
    Wiederinbetriebnahme, max. bis zum Ende der vereinbarten Haftzeit (z.B.
    durch Kundenverluste oder Preiszugeständnisse)
  • betroffene Produkte/Fertigungslinien
  • Produktionsmengen im ungestörten Betrieb vor Schadeneintritt
  • Ist-Produktion im Schadenzeitraum
  • Ausfallmengen je Produkt
  • Erlöse und Deckungsbeiträge je Produkt im ungestörten Betrieb
  • Bestandsveränderungen bei Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffen, halbfertigen und fertigen Waren

  • evtl. im Sachschaden erwirtschaftete Eigenlöhne (z.B. durch zur
    Reparatur beigestelltes und über den Sachschaden bezahltes Personal)
  • Kosten für Provisorien und Beschleunigungsmaßnahmen

Entscheidende
Faktoren für den Umfang bzw. die Höhe der Ersatzleistung sind richtige
und bedarfsgerechte Versicherungsbedingungen (z.B. Haftungslimits,
Haftzeiten, Selbstbehalte, Risiken aus Lieferketten) und
Versicherungssummen sowohl im Sach- wie auch im
Betriebsunterbrechungs-Versicherungsvertrag. Zu geringe
Versicherungssummen führen zwangsläufig zur Unterversicherung und damit
zu evtl. gravierenden Kürzungen der Entschädigung. Natürlich kann dieser
Beitrag nur einen Überblick über die Vielzahl der bei der komplexen
Schadenermittlung und -abrechnung relevanten Aspekte sein. Entscheidend
für die grundsätzliche Ersatzpflicht und den Umfang der Entschädigung
sind Abgrenzungen von ersatzpflichtigen und nicht ersatzpflichtigen
Schadenursachen, -auswirkungen und-kosten (z.B. durch nicht
schadenbedingte Veränderungen, Verbesserungen oder Leistungssteigerungen
der Produktionsanlagen und Abläufe oder durch Vorteile, die sich über
den Rahmen des Vertrage hinaus für das betroffene Unternehmen ergeben).
Es ist sicher deutlich geworden, dass – wie eingangs erwähnt – die
technische und versicherungstechnische Abwicklung eines Großschadens
eine besondere Belastung für das Unternehmen ist. Externe, fachkundige
und erfahrene Unterstützung durch Sachverständige, aber auch durch den
technischen Versicherungsmakler ist hier außerordentlich hilfreich.
Unternehmen, die bereits von Großschäden betroffen wurden, werden dies
bestätigen.

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