Die ersten Fahrräder der Marke „Vaterland“ rollten in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts: In Neuenrade hatte sich die Firma Herfeld über Jahrzehnte zum führenden Hersteller von Blasinstrumenten und Akkordeons entwickelt und als Versandgeschäft für Musikinstrumente ein sehr erfolgreiches Zusatzfeld entwickelt. Das Fahrrad war eine weitere neue Geschäftsidee. 250.000 Räder entstanden jährlich in einer der ältesten Fahrradmanufakturen Deutschlands. Mopeds und Nähmaschinen erweiterten in den 50er Jahren das Sortiment. Mit der asiatischen Konkurrenz kam 2007 das überraschende und plötzliche Aus mit einer Insolvenz. „Vaterland“ wurde Geschichte, Bemühungen für einen Neustart blieben ohne Erfolg.
„Vaterland“ abgewickelt
Nun beendet das Amtsgericht Hagen nach zwölfjähriger Dauer des Insolvenzverfahrens die Unternehmensgeschichte mit der Zustimmung zur Schlussverteilung: Die Forderungen der Insolvenzgläubiger addiert das Gericht mit 8,3 Millionen Euro, für die Verteilung steht ein Betrag von 830.000 Euro zur Verfügung. Auch bei diesem Verteilungsschlüssel wird deutlich, dass es bei einer Insolvenz immer mehrere Verlierer gibt.
Dafür ist auch das Traditionsunternehmen Honsel ein Beleg: Fritz Honsel gründete das Unternehmen 1908 in Werdohl. Später siedelte die Aluminiumschmiede nach Meschede über und etablierte sich nach dem Weltkrieg zum Automobilzulieferer und Leichtbauspezialisten mit Werken im Sauerland, Soest und Nürnberg, in Frankreich, Rumänien, Spanien, Brasilien und Mexiko.
Rede von den „Heuschrecken“
Mit weltweit rund 4.000 Mitarbeitern, davon etwa 2.200 im Sauerland und 700 in Nürnberg, kommt Honsel 2004 zu RHJ International in Brüssel, einer Tochter des US-Finanzinvestors Ripplewood. Erstmals ist im Sauerland die Rede von der „Heuschrecke“: Diese lasse den Kaufpreis weitestgehend durch Kredite finanzieren, für die das übernommene Unternehmen geradestehen, gleichzeitig aber auch die Eigner großzügig „bedienen“ muss. 2008 werden finanzielle Dellen deutlich, 2010 folgt die Insolvenz. Immerhin findet sich mit Martinrea Honsel Germany ein kanadischer Nachfolger für die Standorte Meschede und Nuttlar. Die Werke in Spanien, Mexiko und Brasilien werden durch weitere Tochtergesellschaften von Martinrea übernommen, das Soester Presswerk verkauft. Martinrea Honsel arbeitet erfolgreich, gilt als gelungene Nachfolge.
Ende Mai wird der Schlussstrich unter die „alte Firma“ Honsel und das Insolvenzverfahren gezogen: Insolvenzverwalter Kebekus hat die Forderungen der Insolvenzgläubiger auf stattliche 259.204.589,09 Euro aufaddiert. Immerhin kann jeder vierte Euro zurückfließen. Für die Verteilung an die Gläubiger steht ein Betrag von 67 Millionen Euro bereit, eine Summe und eine Quote, die in Insolvenzverfahren nicht oft erreicht wird.
Fragen zu Max & Moritz
Für die Abwicklung von Honsel gingen sieben Jahre ins Land, so lange soll es nach dem Willen der Beteiligten im Falle des Autohauses „Max & Moritz“ nicht dauern. Das Volkswagengeschäft der Berliner Wellergruppe geriet zum Jahreswechsel in finanzielle Schieflage. Das Unternehmen hat zuletzt 650 Mitarbeiter, 120 davon in Soest, beschäftigt und nach eigenen Angaben rund 22.000 Fahrzeuge pro Jahr verkauft. Die Vertriebsgesellschaft mit bundesweit zwölf Standorten vertreibt die Volkswagen-Fabrikate VW-Pkw und Nutzfahrzeuge, Audi sowie Skoda und beantragte die Sanierung unter Eigenverwaltung mit Gläubigerschutz.
Leer, Emden und Aurich gehen an die Schwarte-Gruppe, der Standort Wiesmoor wird geschlossen. Die Übernahme der beiden Autohäuser in Hagen durch die Autohaus-Gruppe Gottfried Schultz wurde bestätigt, Details müssten aber noch abgestimmt werden, erklärte ein Firmensprecher. Schlechte Nachrichten für die dortigen Mitarbeiter gab es noch vor der Übernahme: 50 Mitarbeiter sollen ihren Job verlieren, die Schultz-Gruppe wolle insbesondere im Verwaltungsbereich Aufgaben konzentrieren, hieß es. Die Unternehmensgruppe mit Hauptsitz Ratingen, ist nach eigenen Angaben der größte Vertragshändler für die Marken des Volkswagen-Konzerns in Deutschland. In insgesamt 27 Betrieben im Großraum Rhein-Ruhr beschäftigt das Unternehmen rund 1.900 Mitarbeiter.
Noch immer ziehen sich die Verhandlungen um den Verkauf in Soest hin, die beiden Autohäuser arbeiten dort in Miet-Immobilien, vor Ort ist starke Konkurrenz der gleichen Marken vertreten. Wenn bis Ende Mai kein Investor gefunden sei, werde der Standort geschlossen, ließ Dr. Gerrit Hölzle von der Insolvenzverwaltung Görg
wissen. Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de
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