Es
ist wenig verwunderlich: Die Digitalisierung beschäftigt auch die
deutschen Unternehmensberater in zunehmendem Maße. Laut Kai Haake,
Geschäftsführer des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU),
ist die digitale Transformation zurzeit sogar „das beherrschende Thema“
überhaupt. „Die Führungskräfte und Entscheidungsträger aller großen und
mittelständischen Unternehmen in Deutschland beschäftigen sich in
diesem Kontext besonders mit dem Thema Wettbewerbsfähigkeit, allerdings
noch mit deutlich unterschiedlicher Intensität. Durch die
Digitalisierung kommen alle Geschäftsmodelle auf den Prüfstand.
Unternehmensberater unterstützen ihre Klienten dabei, die notwendigen
Anpassungen durchzuführen sowie die neuen Möglichkeiten zu erkennen und
zu nutzen. Betroffen seien sowohl Prozesse und Organisationsstrukturen
sowie die Mitarbeiterentwicklung.
Spitzenreiter ist NRW
Rund
15.500 Beratungsgesellschaften bieten laut BDU in Deutschland ihre
Leistungen an. „Die Marktschwergewichte mit mehr als 45 Millionen Euro
Umsatz kommen auf einen Anteil von rund 42 Prozent am Gesamtumsatz der
Branche“, so Kai Haake. Im vergangenen Jahr arbeiteten um die 134.000
Menschen im Consultingbereich. Die Zahl der Berater beträgt etwa
110.000, ein Wachstum von rund drei Prozent. Haake sieht seine Branche
hierzulande gut aufgestellt. Unternehmensberatung sei in Deutschland
eine etablierte, wirtschaftsnahe Dienstleistung und werde von
Unternehmen, Organisationen und Verwaltungen bei vielfältigen
Fragestellungen in Anspruch genommen. Die konkreten Zahlen zeigen
Rekorde auf: „Der Branchenumsatz der Strategie-, Organisations-, IT-
sowie Human-Resources-Berater ist 2015 auf das Allzeithoch von 27
Milliarden Euro gestiegen. Innerhalb von zehn Jahren hat sich der
Branchenumsatz fast verdoppelt.“ Traditionell, so Haake, konzentriere
sich der Großteil der Unternehmenssitze der Consultingfirmen auf die
starken Wirtschaftszentren in Deutschland. „Der höchste Anteil entfällt
dabei mit 27 Prozent auf Nordrhein-Westfalen. Mit bereits deutlichem
Abstand folgt das Bundesland Bayern mit gut 17 Prozent.“ Profitiert vom
guten Konjunkturumfeld in der Unternehmensberatungsbranche haben, so
eine Marktstudie des Verbands, im vergangenen Jahr die Marktteilnehmer
aller Umsatzklassen. Demnach lag die Spanne in den unterschiedlichen
Größensegmenten zwischen 5,9 Prozent und 8,8 Prozent Wachstum.
Spitzenreiter waren die Beratungsunternehmen der Größenklasse 1 bis 2,5
Millionen sowie 250.000 bis 500.000 Euro Umsatz. Am unteren Ende der
Skala – mit knapp unter sechs Prozent – liegt die Umsatzklasse der
Unternehmensberatungsgesellschaften mit weniger als 250.000 Euro
Jahresumsatz; in der Regel handelt es sich dabei um Einzelberater. „Die
Gesamtheit der großen Marktteilnehmer mit mehr als 45 Millionen Euro
kommt mit 6,1 Prozent auf ein nur unmerklich höheres Segmentwachstum“,
so die Studie. Und ein Ende des Wachstums scheint zumindest
mittelfristig nicht in Sicht. „Die Marktteilnehmer in der
Consultingbranche erwarten auch für die kommenden Jahre weitere
Umsatzsteigerungen“, weiß der BDU-Geschäftsführer. Am Ende des laufenden
Jahres könnte gemäß der aktuellen BDU-Marktstudie ein Umsatzplus von
7,5 Prozent stehen. „Eine immer komplexere Geschäftswelt, schnellere
Veränderungsrhythmen und neue Technologien werden den Beratungsbedarf
absehbar weiter erhöhen“, sagt Kai Haake und nennt zwei
Branchenbeispiele, um dies stellvertretend deutlich zu machen: „Die
Chemie- und Pharmabranche befindet sich in einem schleichenden
Strukturwandel, der Wettbewerb mit schlagkräftigen Unternehmen aus den
USA und aus China hat merklich zugenommen. Vom Ausbau der
Innovationskraft wird daher der zukünftige Markterfolg der deutschen
Chemieunternehmen maßgeblich abhängen.“ Beispiel zwei: „Auch die Finanz-
und Versicherungsbranche steht durch die Digitalisierung vor
erheblichen Herausforderungen. Vielfach müssen ganz neue
Geschäftsmodelle gefunden werden, um den Rückgang im bisherigen
Stammgeschäft durch Erträge in neuen Segmenten zu kompensieren.“
Gute Chancen für Talente
Das
wirkt sich laut BDU-Studie auch positiv auf den Stellenmarkt aus: „Die
stabile und gute Branchenkonjunktur sorgt auch weiterhin für große
Jobchancen im Consulting. Aufgrund der teilweise zweistelligen
Wachstumsraten beim Umsatz sowie der überwiegend optimistischen
Zukunftsaussichten forcieren viele Unternehmensberatungsgesellschaften
im Markt ihre Anstrengungen im Recruiting.“ Besonders gefragt sind
demzufolge Beratertalente, „die neben strategischem Denken und
analytischen Fähigkeiten auch Technologie-Verständnis mitbringen. Für
die zurzeit bei den Klienten vielfach im Fokus stehenden
Digital-Projekte benötigen die Beraterinnen und Berater zwei Fähigkeiten
in hohem Maße: Kenntnisse und Verständnis von Daten und Analytics sowie
das Talent, Menschen durch Veränderungsprozesse führen zu können.“ Wie
können Unternehmen, auch KMU, von einer Unternehmensberatung
profitieren? „Unternehmen suchen aus den verschiedensten Gründen die
Unterstützung durch externe Spezialisten. So sind beispielsweise
besonders in mittelständischen Unternehmen die Personalkapazitäten eng
bemessen“, so Haake. Das führe oft dazu, dass spezielles Fachwissen oder
Methodenwissen im Unternehmen grundsätzlich nicht verfügbar seien.
Darüber hinaus bringe der Consultant die Lösungskompetenz aus ähnlich
strukturierten Aufgabenstellungen in vergleichbaren Unternehmen oder
Branchen oder Ideen aus gänzlich anderen Branchen mit in das Projekt
ein. Und: „Häufig gibt es in den Unternehmen Problem- und
Aufgabenstellungen, die nur einmalig oder selten bewältigt werden
müssen. Veränderungsprojekte können zeitlich klar eingegrenzt werden und
machen den kostspieligen Aufbau von Fachabteilungen mit langfristig
wirksamen Personalkosten unnötig.“ Ein letztes Beispiel: „Die
Geschäftsleitung benötigt eine betriebsobjektive und unabhängige Analyse
bestehender Strukturen und Prozesse, um kostentreibende oder
ineffiziente Faktoren zu identifizieren und gegensteuern zu können.“
Tipps zur Auswahl
Wie
sollten Firmen vorgehen, die (erstmals) eine Unternehmensberatung
beauftragen möchten? Dazu gibt BDU-Chef Kai Haake u.a. diese Tipps: „Zu
Beginn müssen die Firmen intern selbst Aufgabenstellung und Zielsetzung
der Beratung definieren. Zum Beispiel: Auf welchen Unternehmensbereich
und/oder auf welchen Funktionsbereich soll sich die Beratung beziehen
(Produktgruppe, Marketing, Beschaffung, Personalführung,
Marktanteilerhöhung und so weiter). Daran schließe sich die Vorauswahl
von drei bis vier Unternehmensberatungen an, die u.a. von
Beratungsschwerpunkt und Größenordnung geeignet sind. Das detaillierte
Angebot sollte vor allem beinhalten: Aufgabenstellung (Arbeitsziele),
Projektablauf, Beratungsmethode, Zusammensetzung Projektteam, geplanter
Zeitaufwand und Honorarhöhe sowie Neben-
kosten, Zahlungsbedingungen und Referenzprojekte.
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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