Im April hat der Handelsverband Deutschland (HDE) wieder die „Stores of the Year“ ausgezeichnet. Diesmal gingen die Ehrungen unter anderem an das Breuninger Haus München (Kategorie Fashion) und den Lebensmittelmarkt akzenta am Phoenixsee in Dortmund (Food). Als Stores of the Year zeichnet der HDE herausragende und innovative Händlerinnen und Händler aus, deren Ladenumbau oder -neugestaltung nicht länger als ein Jahr zurückliegt.
Eine Jury von Expertinnen und Experten aus Handelsunternehmen und -institutionen kürt die Sieger. Solche Veranstaltungen lenken den Blick bewusst auf die hohe Bedeutung ansprechender Umgebungen in Zeiten des E-Commerce. Das ist nicht nur für die Shop-Betreiber selbst eine Mega-Herausforderung, sondern auch für jene Spezialisten, die professionell Räume gestalten.
Herausforderung E-Commerce
„Der E-Commerce wächst, weil sich die Kunden gut bedient fühlen, wenn die Produktauswahl stimmt, der Preis transparent sowie die sofortige Verfügbarkeit gewährleistet ist und die Lieferung umgehend zugesagt wird“, sagt Angela Krause, Leiterin der Geschäftsstelle des Deutschen Ladenbau Verbands (dLv). „Die logische Frage muss sein, welche Bedeutung angesichts dieser Vorzüge der stationäre Laden noch hat? Wie können Menschen für die stationären Läden begeistert werden?“ Die Antwort ist ihrer Meinung nach ganz einfach: „Wenn sie das bekommen, was sie wollen, und schnell und unkompliziert, also gut bedient werden.“ Denn sie kennen es vielfach genauso vom Onlineshopping, besonders wenn sie beim Branchenprimus Amazon gekauft haben.
Die Konsequenz: „Es braucht neue Konzepte für die Innenstädte, aber auch die Stores, die so attraktiv sind, dass Kunden wieder Lust am Shoppen in der Stadt haben. Kultur, Gastronomie, attraktive Läden, Handwerk, zugeschnitten auf lokale Besonderheiten: Das sehen Stadtentwickler als Zukunft der lebendigen Innenstadt. Der Store ist dabei noch immer das Aushängeschild des Händlers. Investitionsstau rächt sich. Daher sagen wir vom dLv: Es lohnt sich, in den Point of Sale zu investieren, denn an diesem trifft der Händler seine Kunden persönlich.“ Maler, Fußboden- und Parkettverleger sowie Stuckateure – um weitere zentrale Gewerke zu nennen – dürften es ähnlich sehen. Sie alle tragen zu Ästhetik, Funktionalität und Sicherheit der Räume bei und sorgen mit dekorativen Elementen und intelligenten Lösungen zur Raumaufteilung für ein angenehmes Ambiente.
Stationär „aufrüsten“
Der Handel ist laut dLv gezwungen, „stationär nicht auf-, sondern abzurüsten“. Die Warenvielfalt des Internets kann er nicht vorhalten, klar. Weniger Ware vor Ort bedeutet weniger Verkaufsfläche, also kleinere Läden. „Besonders der Anteil der Fashion- und Accessoire-Stores in den Straßen wird weiter sinken, die Modebranche zählt zu den schnellst wachsenden im E-Commerce. Dem entgegen steht aber ein Zuwachs an Branchenvielfalt, auch hoffentlich durch sinkende Gewerbemieten“, so Angela Krause. Der Store biete sich als Showroom an, wo Ware anprobiert, getestet und dann sofort online gekauft wird. Er könne Servicepoint, Reparaturwerkstatt, Click&Collect-Station und sogar Second Hand-Umschlagplatz sein. „Er macht es möglich, das gerade gekaufte Produkt zu individualisieren, ist mit vielfältiger Handelsgastronomie ein sozialer Treffpunkt, richtet Events aus oder bietet seine Räume für Veranstaltungen an. Er kann eine Plattform sein für gänzlich neuartige Waren und Labels oder schafft Pop-up-Flächen – und bietet so seinen Kunden immer wieder Neues.“
Und er ist neuerdings sogar rund um die Uhr offen, wie die vielen 24/7-Konzepte zeigen, die gerade ausprobiert werden. „Die ungeheure Vielfalt der Möglichkeiten und Konzepte ist eine große Chance, aber eben auch eine Herausforderung für jeden Retailer. Das Ladengeschäft hat Zukunft, aber der Store als Lagerraum, der sich mit dem Abverkauf von Ware beschäftigt, hat ausgedient.“
Soweit die aktuelle und künftige Lage. Von Ladenbauern und anderen Gewerken wird ein umfassendes Know-how in vielen Bereichen erwartet – „sei es zu innovativen Materialien und deren Verarbeitung, zu Energieeffizienz, zu Brandschutzanforderungen im Objekt oder der Digitalisierung am Point of Sale“. Auch Nachhaltigkeitsaspekte spielen zunehmend eine wichtige Rolle. So sicherte sich den HDE-Sonderpreis in diesem Jahr der Globetrotter RE:THINK Store in Bonn. Bei der Neugestaltung des ehemaligen Elektronikgeschäfts stand die Wiederverwendung vorhandener Materialien an oberster Stelle. Erreicht wurde eine Recyclingquote von rund 94 Prozent. Ziel ist es, Kunden durch das Einkaufserlebnis selbst zu Botschaftern für Nachhaltigkeit werden zu lassen. Diese Themen müssen die Profis nicht nur auf dem Schirm haben, sondern auch praktisch umsetzen können. „Ohne ein gutes Netzwerk ist das nicht mehr zu leisten“, betont Angela Krause.
Beratende Partner
Gefragt ist der Austausch auf Augenhöhe: „Viele Kunden brauchen nicht einfach einen Ladenbauer oder Planer, sie suchen einen Berater und Partner, jemanden, der mit ihnen Lösungsansätze diskutiert“, sagt dLv-Vorstandsmitglied Claus Saumwerber. Das Umfeld für Retail und Ladenbau ist seiner Aussage nach sehr kompliziert geworden. Viele der Ladenbauunternehmen arbeiten als Generalunternehmer, konzipieren, planen, produzieren und bieten umfangreiche After-Sales-Leistungen. „Sie sind heute tief in die Prozesse (dLv) beim Kunden eingebunden, führen Strategiegespräche und bringen viel Erfahrung mit an den Tisch. Der Ladenbauer ist heute ein Allrounder, der sich als Partner des Kunden sieht.“
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de
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