Die
Funktionsweise von Metallfedern ist denkbar einfach. Es sind kleine
Kraftspeicher, die bei Belastung Energie aufnehmen und bei Entlastung
wieder abgeben. Federn sind ein rein mechanisches Produkt und stehen für
Schwingung, Biegsamkeit, Flexibilität sowie Elastizität. In ihrer wohl
populärsten Form kennt sie jeder vom Kugelschreiber: die unscheinbare
Druckfeder. Diese technische Feder kann – etwa im Kugelschreiber –
millionenfach hergestellte Massenware sein ebenso wie High-End-Produkt,
etwa als komplexes und sehr anspruchsvolles Bauteil in
Hochtemperaturbereichen der Automobil- oder Luftfahrtindustrie. Ob
Türklinke, PC-Tastatur oder Mausefalle – gleich, welche Funktion
technische Konstruktionen auch haben mögen, ohne Feder wären die meisten
nutzlos. Federn werden in Garagentoren, Schlössern, aber auch in Relais
benötigt, sie werden verbaut als Klappmechanismen für Bettkästen, in
Spielzeugen und Thermostaten. Ein herausragendes Beispiel sind
Kraftfahrzeuge: Damit alle Komponenten richtig und zuverlässig
funktionieren, sind in einem Pkw gut 8.000 Federn verbaut. Dort
verrichten sie ihre Arbeit in allen technischen Systemen, in den
Radlagern und Bremsen, in den Antriebs- und anderen Motoren, in der
Bordelektronik, in Klimaanlagen, in Beleuchtungs- und
Informationssystemen, in den Türmechanismen, Sitzen und der
Innenraumverkleidung.
Leonardo da Vinci war
seiner Zeit weit voraus
Technische Herausforderungen
beeinflussten einst auch die historische Entwicklung der Feder: Der
geniale Erfinder Leonardo da Vinci ist auch Vorreiter, wenn es um Federn
geht. Spiralfedern wurden schon in Hängeschlössern eingesetzt, als er
im Jahre 1500 technische Konstruktionszeichnungen von Radschlössern
zeitgenössischer Gewehre fertigte. Noch heute werden die gleichen
Federformen für Abzug und Hahn genutzt. Da Vinci erfand aber auch einen
Flugapparat sowie ein Motorfahrzeug mit Spiralfederantrieb. Damit war er
seiner Zeit um Längen voraus: Die Ideen waren zu da Vincis Zeit
technisch noch gar nicht umsetzbar, weil es die Werkstoffe und
Herstellungstechniken noch gar nicht gab. Auch Peter Henlein spielte
eine wichtige Rolle. Der Kunstschlosser aus Nürnberg gilt als Erfinder
der Taschenuhr. Um 1510 baute er eine am Körper tragbare Uhr. Henleins
Erfolg lag in der Verkleinerung der Zugfeder. Durch eine Federbremse
erzielte er eine gleichmäßige, verlangsamte Abgabe der Antriebskraft;
Henleins Uhren liefen bis zu 40 Stunden, bevor sie aufgezogen werden
mussten.
Hochfester und
elastischer Federdraht
Der zunehmende Einsatz von Maschinen in
der Produktion vergrößerte schließlich den Absatzmarkt für Federn,
beeinflusste aber auch deren Herstellung: Spezielle Einrichtungen und
Maschinen, wie die Federwickelmaschine, wurden konstruiert. Auch die
Qualität des Materials wurde durch Fortschritte in der Metalltechnik
ständig verbessert. Eine besondere Wärmebehandlung ermöglichte ab 1870
die Herstellung hochfester und sehr elastischer Federdrähte. Schon 1882
wurde die „Federngemeinschaft“, der Vorläufer des heutigen
Federn-Verbandes, gegründet. Schienenfahrzeugfedern wurden Ende des 19.
Jahrhunderts zum wichtigen Branchenprodukt. Diese Blatt-Tragfedern und
Pufferfedern wurden von einigen wenigen Stahlwerken gefertigt, die im
Laufe der Zeit zu Großbetrieben aufstiegen. Bahntechnik spielt auch
heute noch eine wichtige Rolle, die Automobilindustrie ist aber der
größte Abnehmer von Federn: Rund die Hälfte der Produktion ist für sie
und ihre Zulieferer bestimmt, der andere Teil fließt in die
verschiedensten Branchen wie Maschinen- und Anlagenbau, Apparatebau,
Schienenfahrzeugbau, Luftfahrtindustrie, Elektro- und
Elektronik-Industrie, Haushaltsgeräte-Industrie und Medizintechnik.
Automobile sind ohne Federn in unterschiedlichsten Größen nicht denkbar.
Ob Polsterung oder Radfederung – diese Komponente fährt immer mit. Die
Federung ist beispielsweise ein Teil des Fahrwerks. Mit ihrer Hilfe
können Räder den Fahrbahnunebenheiten folgen und für eine gleichmäßige
Bodenhaftung sorgen, während der Rest des Fahrzeugs sich nur unmerklich
auf und ab bewegt. Und nur ein Sitz mit einer gut gefederten Polsterung
ist bequem. Tausende weitere Federn fahren ebenfalls mit: Ventilfedern
halten und schließen in einem Verbrennungsmotor die Einlassventile für
das Kraftstoff-Luft-Gemisch sowie die Anlassventile für die Abgase und
Verbrennungsrückstände. Außerdem begeistert den Federnmarkt die
Entwicklung der Elektroindustrie, die laut des Verbands der Deutschen
Federnindustrie (VDFI) mit 13 Prozent in Deutschland der zweitstärkste
Abnehmer seiner Produkte ist. Federn sind ein wichtiger Teil von
Turbinen und Isolatoren bei der Stromerzeugung. Der drittgrößte Markt
der Federnbranche ist der Maschinenbau. Zehn Prozent ihrer Produkte
gehen in diese Anwendung. Wo Kraft an Maschinen wirkt, sind technische
Federn nicht weit. Gleichfalls keine Federgewichte sind die Abnehmer aus
Medizintechnik, Lebensmittelindustrie, Schienenindustrie,
Gebäudetechnik, Optik, Uhren, Spielwaren und Büromaschinen.
120 Hersteller in Deutschland
Aktuell
erzeugt die europäische Federnindustrie per annum Federn im Wert von
mehr als drei Milliarden Euro. Die meist kleinen oder mittelständischen
Unternehmen, etwa 120 davon in Deutschland, gelten als solide und
bodenständig. In Deutschland werden Federn mit einem Gesamtgewicht von
500.000 Tonnen gefertigt, 13.000 Mitarbeiter werden gezählt. Die
Unternehmen produzieren die meisten Federn auf Federwindemaschinen, in
Stanz-Biegeautomaten oder in Bearbeitungszentren durch Kaltformen. Die
Wahl des Ausgangsmaterials, Draht oder Band aus Federstählen oder
Nichteisenmetallen, hängt von der Anwendung der Feder und den
Einsatzbedingungen ab. Die Abmessungen im Falle von Draht reichen von
etwa neun Millimeter Durchmesser bis hinunter zu 0,03 Millimeter,
derartige Federn für die Feinwerktechnik werden auf Maschinen mit
Mikroskop-Ausstattung gefertigt.
Anforderungen komplex
Die
Anforderungen an Federn sind meist sehr komplex, die Formenvielfalt ist
dementsprechend groß. Grob lassen sie sich nach der Beanspruchung
(Zug-, Druck- oder Torsionsfedern) oder dem Aussehen (Schrauben-,
Teller-, Spiral-, Blattfedern) unterteilen. Rechnergesteuerte
Fertigungsmaschinen und Computer mit Software zum Konstruieren, zur
Simulation der Eigenschaften und zur Steuerung von Fertigungsabläufen,
längst Standard einer modernen Federnfabrik, ermöglichen es Herstellern,
rasch und flexibel auf Kundenwünsche zu reagieren. Über Fachverbände
wie den VDFI arbeiten Federnhersteller mit Forschungsinstituten zusammen
ebenso wie mit Herstellern von Ausgangsmaterial, Maschinen und
Prüfsystemen. Federn mit immer präziser vorhersagbaren, reproduzierbaren
Langzeiteigenschaften sind die Herausforderung, Laser-Verfahren und
optoelektronische Messtechniken kommen ebenso zum Einsatz wie
Kunststoff-Verbundstoff-Federn. Die Branche ist gerade dabei, neue
Standards zu definieren und mit Thermoplasten höhere Leistungen bieten
zu können, als es mit bislang eingesetzten Materialien möglich ist.
Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de
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