Seit Januar 2016 gibt es für Aufsichtsräte in Deutschland die gesetzliche Regelung, dass in diesen Positionen eine Geschlechterquote zu erfüllen ist: 30 Prozent Frauen. Und in der Tat, es hat sich einiges getan. Um vier Prozentpunkte stieg der Anteil der Frauen in den Kontrollgremien der relevanten Unternehmen im Jahresvergleich 2016 zu 2015. Damit sind zwar nicht 30 Prozent erreicht, aber immerhin 27 Prozent, wie der Managerinnen-Barometer 2017 berichtet. Allerdings trifft diese Entwicklung nicht auf die Vorstände in den Unternehmen, die unter die Quote fallen, zu, hier sind nur 6,5 Prozent Frauen. Im Vergleich: Bei den 200 umsatzstärksten Unternehmen ist der Frauenanteil zwar ebenfalls gering, liegt aber aktuell bei acht Prozent. In drei von zehn Unternehmen der Top-200-Unternehmen ist mindestens eine Frau im Vorstand. Bei den Dax-30-Unternehmen – die stärker im Blick der Öffentlichkeit stehen – beträgt der Frauenanteil in den Vorstandsetagen elf Prozent. Das ist der höchste Anteil, den die Studie herausstellen konnte. Die Frauenquote von 30 Prozent gilt für Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen. Unternehmen, die eines von beiden Kriterien erfüllen, sind zumindest aufgefordert, Zielgrößen für den Frauenanteil festzulegen. „Erste Berechnungen zeigen, dass Unternehmen, die bereits einen Frauenanteil im Aufsichtsrat von mindestens einem Drittel erreichten, diesen Anteil offenbar nicht mehr weiter erhöhten“, lautet eine weitere Beobachtung des Barometers. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Beispielsweise die Deutsche Telekom: Sie hat den Frauenanteil auf 40 Prozent im Aufsichtsrat erhöht – und nimmt in diesem Zusammenhang eine Vorbildfunktion ein. Dennoch gehen die Macher der Studie nicht davon aus, dass in der nächsten Zeit mehr Frauen in den Vorständen sitzen werden. So hatten etwa 110 der 160 Dax-Unternehmen keine konkreten Zielgrößen genannt oder sie auf null gesetzt.
Ursachen der Ungleichheit
Die Gründe, warum Frauen in Führungspositionen unterrepräsentiert sind, sind vielfältig. Veranlagung und frühkindliche Sozialisation sind nur zwei Aspekte von vielen. An einer schlechteren Ausbildung kann es nicht liegen. Frauen sind von der Erstausbildung her genauso qualifiziert wie Männer. Das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) hat „mögliche Erklärungen für das weibliche Macht-Vakuum in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft“ untersucht. Demnach sind in Deutschland weniger Frauen an den beruflichen Weiterbildungsangeboten der Arbeitgeber interessiert als Männer – in den USA, Kanada, Finnland und Schweden sieht das anders aus. Mit der Weiterbildung ist nicht nur eine weitere Qualifikation verbunden, sondern der Arbeitnehmer signalisiert dadurch sein Interesse, in dem Unternehmen aufzusteigen und Karriere zu machen. Aber auch bei der Berufswahl und in den Berufsbereichen machen sich relevante Unterschiede zwischen Frauen und Männern bemerkbar. Gut drei Viertel der Jobs in den Bereichen Erziehung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen übernehmen Frauen, teilt das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln mit. In der Regel sind diese Bereiche geringer entlohnt als beispielsweise in der Industrie und dem verarbeitenden Gewerbe. Des Weiteren arbeiten Frauen eher in kleinen Betrieben, und wesentlich häufiger als Männer übernehmen sie Teilzeitjobs. Auch wenn viele Frauen gerne mehr arbeiten möchten, eine Vollzeitstelle wünschen sich wenige – vor allem dann nicht, wenn es sich um Mütter handelt. Sind Kinder im Haus, stellt sich für Frauen eher als für Männer die Frage, ob sie überhaupt weiterhin berufstätig sein wollen. Ebenfalls verringert sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Mutter im Beruf eine Führungsaufgabe übernimmt: „Führungsfrauen haben seltener und weniger Kinder als Führungsmänner“, so das HWWI. So unterstreichen 32 Prozent der Frauen und 38 Prozent der Männer die Aussage, dass ein kleines Kind darunter leiden würde, wenn die Mutter berufstätig ist. Während 67 Prozent der Frauen die Aussage bestätigen, dass beide Elternteile mit ihrem Einkommen zum Haushaltseinkommen beitragen sollten, sind es nur 58 Prozent der Männer.
Frauen stärken die Wettbewerbsfähigkeit
Ein gutes Argument für die Frauenquote lautet: Angesichts des Fachkräftemangels ist es notwendig, alle Talente zu fördern, also Frauen und Männer gleichermaßen. Ein weiterer Faktor ist: Frauen tragen zu einer besseren Unternehmensperformance bei. Mehr Frauen, mehr Ausländer oder Angehörige fremder, nicht-christlicher Religionen haben den Vorteil, dass sie einen anderen Blick mitbringen, andere Erfahrungen gesammelt haben als der typische deutsche Mann. Andere Sichtweisen bringen Diskussionen mit sich, und die Fragen, die „plötzlich“ im Raum stehen, schaffen Platz für Kreativität. Allerdings schafft eine Frau nur dann einen Wechsel der Denkrichtung, wenn sie nicht ausschließlich mit Männern zu tun hat. Hier bedarf es einer bestimmten kritischen Masse, die zeitlich am schnellsten über eine Quote hergestellt werden kann. Darüber hinaus zeigen Studien, dass Männer bevorzugt andere Männer fördern. Auch hier kann eine Frauenquote hilfreich sein, da sie sozusagen dazu zwingt, den Blick zu öffnen und die Talente der Frauen zu erkennen.
Fazit: Neben der gesetzlichen Quotenregelung sind auch weitere politische Ansätze notwendig, um der ungleichen Verteilung von Männern und Frauen entgegenzuwirken. Beispielsweise durch finanzielle Anreize wie einer Erhöhung der Partnermonate im Elterngeld oder einem monetären Gewinn bei der Familienarbeitszeit. Damit werden nicht nur die vorherrschenden Geschlechterstereotypen aufgehoben, sondern es erleichtert Frauen, Beruf und Familie besser miteinander zu vereinbaren. Denn, so das Fazit des Managerinnen-Barometers: „Ein Nicht-Ausschöpfen des Potentials der Beschäftigten, etwa aufgrund von Vorurteilen und Geschlechterstereotypen, führt zu höheren Kosten und einer geringeren Produktivität und schwächt die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen.“ Karin Bünnagel | redaktion@regiomanager.de
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