Management

Führungskräfte und Profisport

Was erstere von letzterem lernen können

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von Regiomanager 25.04.2023
Die Geschäftswelt und der Profisport sind zwei völlig unterschiedliche Themengebiete? Stimmt nicht, denn hier gibt es viele Parallelen und einiges zu lernen. stock.adobe.com © Friends Stock

Wohl kein Gründer könnte es sich leisten, seine Mitarbeiter derart anzuschnauzen, wie es so mancher Fußballtrainer vom Spielfeldrand aus tut. Ebenso dürfte wohl kaum ein Pitch große Gemeinsamkeiten mit einem wichtigen Turnier haben.

Auf den ersten Blick mögen zwischen den Führungskräften im Business und dem Profisport keinerlei relevante Schnittmengen bestehen. Allerdings liegt die Betonung hier bei „auf den ersten Blick“. Bei genauerem Hinsehen lässt sich tatsächlich sogar eine Vielzahl von Dingen feststellen, die Führungskräfte sich in den Sportstätten und Disziplinen dieser Welt abschauen können.

1. Nur ein guter Anführer macht Gutes noch besser

Die Definition von Profisport ist es, dass sich darin ausschließlich die besten Athleten ihrer Disziplin befinden. Menschen also, die bestens mit dem Sport vertraut sind und sehr gut wissen, wie sie das letzte bisschen Leistung aus sich herausholen. Eigentlich könnte man sich angesichts dessen die Frage stellen, warum etwa ein Team solcher Athleten überhaupt noch einen Trainer braucht.

Die Antwort ist eigentlich simpel. Man muss nur gute von schlechten Anführern unterscheiden:

  • Ein schlechter Anführer verlässt sich maßgeblich auf die Fähigkeiten seiner Untergebenen und lässt diese einfach machen.
  • Ein guter Anführer hingegen ist wie ein Regisseur oder Dirigent. Er hat stets jeden seiner Untergebenen im Blick und ist stets bestrebt, alle auf eine Weise einzusetzen, die dem großen Ganzen am besten dienlich ist.

Die erstgenannte Vorgehensweise ist einfach. Die letztgenannte braucht sehr viel Einsatz. Doch nur sie gestattet es, alle „Spielfiguren“ optimal aufeinander abzustimmen und so eine Gruppe aus lauter guten Mitgliedern viel besser zu machen.

Ein Business Manager darf deshalb keineswegs nur ein reiner Verwalter sein. Er muss aktiv handeln, inspirieren, muss in jeder Hinsicht „führen“ und Vorbild sein. Nur so ist er in der Lage, das Maximum sowohl aus seinem Team als auch seinem Bereich herauszuholen. Ja, das bedeutet natürlich, ab und zu „einfach mal laufen lassen“, aber keineswegs als Dauerzustand. Daraus ergeht direkt ein weiteres Lernmodul:

2. Ohne Führung entsteht nur Konfusion

Was würde eine Fußballmannschaft ohne Trainer wohl tun? Wahrscheinlich würde ein Großteil der Spieler versuchen, den Ball selbst ins Tor zu treten; nicht etwa abzuspielen – derartige, wütend gerufene Aufforderungen durch Trainer hört man schließlich selbst in den obersten Ligen an jedem Spieltag.

Dieses Gleichnis sollten sich vor allem Führungskräfte durch den Kopf gehen lassen, die mit sehr flachen, teils nicht mehr existenten Hierarchien sympathisieren. Steile Hierarchien mögen verschiedene Nachteile haben. Das heißt jedoch im Umkehrschluss keinesfalls, flache Hierarchien hätten nur Vorteile.

Es mag manchem vielleicht widerstreben, aber selbst in sehr flachen Hierarchien muss es immer jemanden geben, der buchstäblich die Autorität hat und sie durchzusetzen weiß. Das muss weder autoritär noch dauernd der Fall sein. Aber vielfach wird diese Führungsform als völlige Abwesenheit von Führung völlig missinterpretiert.

Nichts gegen familiäre, lockere Umgangsformen im Unternehmen. Aber wenn es keine ständig sichtbare und nötigenfalls eingreifende Person mit Verantwortung gibt, dann entsteht niemals ein so leistungsfähiges Team wie es möglich wäre.

3. Alles lässt sich berechnen – bis auf den Zufall

Wer wissen möchte, welch riesige Bedeutung Berechnungen im Sport haben, der muss nur einen Blick auf den Aufwand werfen, den Buchmacher und deren Kunden betreiben. Dies geht sogar in Richtung komplexerer Mathematik, wenn man etwa die Kelly-Formel betrachtet – die mancher Führungskraft vielleicht aus BWL-Vorlesungen bekannt ist.

Klar ist, eine gute Führungskraft darf sich ebenfalls niemals scheuen, so viele Zahlen und Daten wie möglich zusammenzutragen und alles zu berechnen. Zahlen und Daten sind gleichbedeutend mit Informationen sind gleichbedeutend mit Transparenz und somit Wissen.

Aber: Wer sich nur auf seine Wahrscheinlichkeiten und vergleichbare Zahlen stützt, der macht einen schweren Fehler. Der absolute Favorit eines Pferderennens kann urplötzlich ein Formtief haben. Ein sicher geglaubter Kunde kann spontan aufgrund eines Bauchgefühls einen Rückzieher machen.

Eine gute Führungskraft stellt immer umfassende Berechnungen an und stützt sich auf sie. Sie vertraut diesen Werten jedoch niemals blindlings. Ganz besonders dann nicht, wenn aus Vergangenem Rückschlüsse auf Zukünftiges gezogen werden sollen.

4. Siegen ist zu einem erheblichen Teil nur eine Kopfsache

Der Ironman auf Hawaii. Sicherlich einer der berühmtesten und berüchtigtsten Wettbewerbe im Extrem-Triathlon des Planeten. Wer dort antritt, der gehört ohne Übertreibung zu den sportlich fittesten und am besten austrainierten Personen der Welt und hat eine lange Geschichte sportlicher Disziplin vorzuweisen. Auf diesem hohen Niveau sind die Leistungsunterschiede zwischen den Teilnehmern nicht einmal mehr messbar.

Doch wie kommt es dann, dass dennoch bei jedem dieser Wettbewerbe jemand als erstes und ebenso jemand als letztes die Ziellinie überquert? Ganz einfach: Nimmt man solche Details wie Unterschiede in der Tagesform aus der Gleichung, dann entscheidet nur eines über Sieg oder andere Platzierungen, der Wille der jeweiligen Sportler.

Gerade auf den letzten Kilometern des abschließenden Marathonlaufs zeigt sich das immer wieder. Selbst Ausnahmeathleten sind dann „reichlich fertig“, egal wie gut vorbereitet und mit Nährstoffen versorgt sie sind. An diesem Punkt entscheidet nur noch der eigene Kopf, ob man vielleicht doch noch jenes zehntausendstel Prozent mehr Leistung in die Waagschale wirft, das es braucht, um sich an die Spitze zu setzen und dort zu bleiben.

Nicht anders sieht es bei Führungskräften aus. Insbesondere bei der Betrachtung von Konkurrenzsituationen gelten nahezu dieselben Spielregeln. Nur wer mental den Willen aufbringt, die „Extrameile“ zu gehen, wird am Schluss obsiegen.

Übrigens: Das gilt ebenso dort, wo eigentlich alle Chancen gegen einen sprechen.

5. Erfolg lässt sich nur in der Langzeitbetrachtung messen

Es dürfte wohl keinen Sportler oder Trainer auf dieser Welt geben, der sich nicht über einen Sieg bei einem einzelnen Wettbewerb oder Spiel freut – oder sich ebenso inbrünstig über eine Niederlage ärgert.

Allerdings, und hier sind die Parallelen zur Geschäftswelt wahrlich bestechend, ist weder ein einzelner Sieg noch eine ebensolche Niederlage mehr als ein kleines Puzzleteilchen in einem sehr viel größeren Bild.

Anders formuliert: Ein Sieg macht noch lange keine Meisterschaft. Ein nicht vollzogener Kauf ruiniert noch lange nicht das Unternehmen.

Echter Erfolg lässt sich nur messen, wenn man viele Einzelerfolge und -misserfolge gegeneinander aufrechnet. Das bedeutet aber auch: Weder sollten Führungskräfte sich über kleine Siege überbordend freuen, noch sich über einzelne Niederlagen zu sehr ärgern. Es zählt nur, was am Ende der Saison auf der Wertung steht – oder am Ende des Geschäftsjahres.

6. Höchstleistung braucht stets ihre Ruhephasen

Preisfrage: Wachsen Muskeln während dem Training oder in den Stunden und Tagen danach? Wer auf ersteres getippt hat, liegt leider falsch. Denn das Training ist bei aller Anstrengung nichts weiter als ein bloßer Anreiz, ein Signal für den Körper, sich auf künftige Belastungen dieser Art durch Anpassung der Muskulatur besser vorzubereiten.

Das heißt, das wahre Muskelwachstum findet dann statt, wenn der Sportler gar nichts tut, nicht einmal ein leichtes Training. Dieses Vorwissen ist wichtig, denn damit geht eine äußerst bedeutsame Wirkungsverkettung einher: Wer immer nur Leistung, Leistung, Leistung von Körper und Geist abruft, der macht nichts anderes, als seine Akkus zu leeren.

Wer sich an dieser Stelle als Führungskraft an Berufsjahre ohne Urlaub mit reduziertem Schlaf und keiner nennenswerten Freizeit erinnert, der steht bereits auf dem Pfad der Erkenntnis. So, wie jeder Profisportler ebenso diszipliniert ruht, wie er trainiert, damit er sein Maximum abrufen kann, sollte es jede Führungskraft tun.

Allerdings birgt der Vergleich mit dem Muskelwachstum noch eine weitere Wahrheit: Es funktioniert nur dann, wenn immer wieder Anreize geschaffen werden. In diesem Fall ist eine entspannte Untätigkeit ebenso abzulehnen. Wer hoch hinaus möchte, der muss lernen, Leistung und Pausen wohldosiert einzusetzen – beide Extreme sind falsch.

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