Nicht erst die zunehmenden Unwetter mit einstürzenden Tankstellendächern, umstürzenden Bäumen und starkem Hagel auch in Frühjahr und Sommer rufen sie auf den Plan: Die Branche der Karosserie- und Fahrzeugbauer ist sehr vielfältig. Grundsätzlich teilt sich das meisterpflichtige Handwerk in folgende drei Kategorien: Herstellender Karosserie- und Fahrzeugbau, Karosserie-Instandsetzung und Lackierung sowie die Restaurierung klassischer Fahrzeuge. Die Fachbetriebe, von denen ein Großteil im Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) organisiert sind, kümmern sich allgemein um Karosserie- und Unfallinstandsetzung, Fahrzeuglackierung, Richtarbeiten, Achsvermessung, lackierfreies Ausbeulen, Glasersatz und -reparatur, Sonderfahrzeugbau, Komfort- und Sicherheitsausstattung, Sattler- und Polsterarbeiten, Fahrzeugwartung und -pflege, Fahrzeugdiagnose sowie Oldtimerrestauration. Dabei steht die Sicherheit an oberster Stelle: vom Kleinwagen über die Familienkutsche und den schnittigen Sportwagen bis hin zum SUV – aber auch bei Caravan, Kleinlaster oder Lkw. Die Betriebe der Branche bearbeiten alle Fahrzeuge und mit jedem erdenklichen Material. Und sie waren in mehr als 100 Jahren automobiler Fortbewegung ständigen Veränderungen und neuen Anforderungen unterlegen, die immer gemeistert wurden. Insgesamt ist die Anzahl der Betriebe laut Branchenbericht des ZKF unter Bezugnahme auf das Statistische Bundesamt weiter rückläufig. Innerhalb von zwei Jahren sank die Zahl um rund 500 auf jetzt circa 4300. Die Zahl der Beschäftigten (rund 48.000) und Auszubildenden (fast 4.000) hingegen ist leicht gestiegen. Der Branchenumsatz beläuft sich unverändert auf etwa 6,5 Milliarden Euro.
Dienstleister für den Straßenverkehr
Rund 80 Prozent aller Betriebe im Karosserie- und Fahrzeugbau sind Karosserie-Fachbetriebe, erledigen also alle Arbeiten der Instandsetzung und Lackierung – sowohl für den gewerblichen wie auch privaten Bereich. Sie sind diejenigen Fachbetriebe, die dafür sorgen, dass auf den Straßen (wieder) alles rund läuft, Pkw und Lkw intakt sind und nach Schäden „fit“ gemacht werden. Große Kundenkreise bilden die Versicherer, Flottenbetreiber und Leasinggesellschaften. Neben der Instandsetzung gehören auch die Innen- und Außenaufbereitung von Fahrzeugen, Karosserie- Fahrzeugvermessung sowie Tuning in den Aufgabenbereich dieser Betriebe. Karosserie-Fachbetriebe unterliegen kaum konjunkturellen Schwankungen, müssen aber ihre eigene Werkstatttechnik regelmäßig auf dem neuesten Stand halten und sind da stark von den jeweiligen Herstellern abhängig.
Der Umsatz in diesem Branchenzweig konnte 2016 um 4,7 Prozent gesteigert werden. Im Durchschnitt beschäftigt jeder Betrieb 16,1 Mitarbeiter und bildet 2,8 Nachwuchskräfte aus. Allerdings wird es immer schwieriger, für das Handwerk noch geeignete Auszubildende zu finden. Dominierend in der Umsatzverteilung ist weiterhin die Pkw-Reparatur.
Herstellender Fahrzeugbau
Überwiegend für den gewerblichen Bereich ist der Herstellerbereich der Branche tätig. Im Auftrag der Kunden werden spezielle Sonder- und Aufbauten angefertigt, die zum großen Teil Einzelanfertigungen und einem speziellen Einsatzzweck zugeordnet sind. Das Spektrum ist sehr breit gefächert, schließt neben dem Fahrgestell auch Fahrerhäuser mit ein und umfasst nahezu alle Branchen, die mit der Fortbewegung auf der Straße zu tun haben. Dazu zählen auch Rettungsdienste, Geldtransporter oder Messfahrzeuge im Straßen- und Brückenbau. Weder die Entsorgungsindustrie noch die Baubranche, Holzwirtschaft, Marktbeschickung oder das Catering würden ohne den herstellenden Karosserie- und Fahrzeugbau funktionieren. Darüber hinaus gehören auch Oldtimerrestauration, Sattler- und Polsterarbeiten sowie die Fahrzeugwartung und -pflege in den Geschäftsbereich dieses Branchenteils, der rund 14 Prozent der Gesamtbetriebe ausmacht.
Hatte der herstellende Fahrzeugbau in den vergangenen Jahren noch einen leichten Schub zu verzeichnen, so ist das wirtschaftliche Ergebnis laut aktuellster Analyse des ZKF im Jahr 2016 rückläufig. Das operative Ergebnis sank von 2,3 auf nur noch 0,9 Prozent der Gesamt-Betriebsleistung. Der Rückgang im Bereich Handwerk sank um 6,2 Prozent, während der Handelsbereich um 31 Prozent gesteigert werden konnte. Ein zugekauftes Fahrgestell wird beispielsweise diesem Bereich zugerechnet und kann bis zu 70 Prozent des Verkaufspreises ausmachen.
Spezialisierung auf Oldtimer
Mit einem Anteil von rund 4,3 Prozent ist die Restaurierung klassischer Fahrzeuge zwar nur ein sehr kleiner Branchenteil im Karosserie- und Fahrzeugbau, dafür aber besonders spezialisiert. Seit dem Jahr 2009 vergibt der ZKF in Zusammenarbeit mit dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerb (ZDK) die Auszeichnung „Fachbetrieb für historische Fahrzeuge“. Darüber hinaus können die zertifizierten Betriebe seit Kurzem das neue Logo „Oldtimer-Fachbetrieb“ verwenden. Auch Museen gehören zum Kundenkreis der Restaurierungs-Fachbetriebe. Die Wiederherstellung historischer und klassischer Fahrzeuge erfolgt teilweise durch die Neuanfertigung von Blech- oder Holzteilen in Handarbeit und Einbau in die Oldtimer.
Ebenfalls noch recht jung ist die Auszeichnung als „Caravan-Fachbetrieb“, die seit 2015 vergeben wird. Die anspruchsvollen Kriterien für besonders qualifizierte Caravan-Werkstätten wurden vom ZKF gemeinsam mit der DEKRA festgelegt.
Zukunft fordert Investitionen
Schon in der Vergangenheit musste sich die Karosserie- und Fahrzeugtechnik immer wieder gravierenden Veränderungen anpassen – seien es veränderte Materialien oder neue Technologien. Auch in der Zukunft wird sich das nicht ändern. E-Mobilität und autonomes Fahren werden auch diese Branche nachhaltig prägen. Schon jetzt hält immer mehr Elektronik Einzug in die Fahrzeuge, was sich in den nächsten Jahren weiter verstärken wird. Insbesondere die Vernetzung der verschiedenen Systeme – wie Assistenzsysteme, Sicherheits- und Komfortelektronik, Motormanagement – wird noch weiter zunehmen. Auch der Materialmix der Fahrzeuge wird sich in Zukunft weiter verändern und wie die anderen Herausforderungen weitere Investitionen in die Werkstattausstattung und -technik sowie die Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte erforderlich machen. „Für die Werkstätten resultiert daraus ein enormer Investitionsdruck“, heißt es im aktuellen Branchenbericht des ZKF. „Sei es durch Anschaffung neuer Mess- und Diagnosegeräte mit aktueller Software, die Einrichtung eines Aluminiumarbeitsplatzes oder die regelmäßige Schulung ihrer Fachkräfte im Umgang mit neuen Techniken.“
Stefan Mülders | redaktion@reier-manager.de
INFO
Der Branchenverband ZKF
IDer Zentralverband Karosserie- und Fahrzeugtechnik (ZKF) als Bundesvereinigung, Berufs- und Wirtschaftsverband für das Karosserie- und Fahrzeugbauerhandwerk setzt mit seinen 74 Innungen in Deutschland die Interessen seiner Mitgliedsbetriebe in der Region vor Ort durch. Rund 70 Prozent der in die Handwerksrolle eingetragenen Betriebe sind im ZKF organisiert.
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