Der Generationenwechsel ist in vollem Gange; 152.000 Inhaber mittelständischer Unternehmen planen hierzulande bis 2021 ihren Rückzug. Zu diesem Ergebnis kommt das jüngste Nachfolge-Monitoring der Förderbank KfW, und die Zahlen sind kaum überraschend. Ins Auge fällt jedoch ein anderer Wert: Jeder zweite Mittelständler kann sich inzwischen vorstellen, seine Firma an einen externen Käufer abzugeben – ein Modell, das über Jahrzehnte höchstens als Notlösung infrage kam.
Die Chancen für einen erfolgreichen Firmenverkauf stehen Experten zufolge derzeit auch gar nicht schlecht. Gerade Unternehmen aus Branchen, die von der Corona-Krise profitiert haben, sind nun auf der Suche nach geeigneten Übernahmekandidaten. Mittelständler, die sich mit dem Gedanken tragen, die eigene Firma in fremde Hände zu geben, tun daher gut daran, sich mit dem Wert ihres Unternehmens auseinanderzusetzen – und damit, wie er sich aufpolieren lässt. Denn mit ein wenig „Schaumschlagen“ können sie einen guten Preis erzielen.
Damit die Verkaufsverhandlungen auf einer vernünftigen Basis ablaufen, sollte eine sachkundige Ermittlung des Unternehmenswertes vorausgehen. Dafür setzen Berater bestimmte Bewertungsmodelle ein; drei Methoden gelten als gängige Verfahren (siehe Kasten). Mit etwas zeitlichem Vorlauf lässt sich der Wert der Firma aber gut aufpeppen. Dafür wird vor allem an den sogenannten weichen Einflussfaktoren geschraubt. Dies ist auch dann sinnvoll, wenn gar kein Firmenverkauf ansteht, denn immerhin steigert eine Optimierung der weichen Kriterien die Qualität eines Unternehmens und stärkt damit die Wettbewerbssituation. Zudem spielen qualitative Einflussfaktoren für das Rating, das Banken vor einer Kreditentscheidung erstellen, eine wichtige Rolle.
Zu den weichen Kriterien zählen bestimmte Größen, die sich – anders als harte Kennzahlen – nicht aus der Finanzbuchhaltung eines Unternehmens erkennen oder errechnen lassen. Sie haben Einfluss auf den Firmenwert, da sie über künftige Entwicklungen mitbestimmen. Es gibt eine ganze Reihe solcher Stellschrauben, an denen Unternehmer drehen können.
weite Führungsebene einziehen
Auch wenn sich die Ära der Firmenpatriarchen definitiv ihrem Ende nähert, sind in vielen mittelständischen Unternehmen die Inhaber immer noch gleichzeitig die Geschäftsführer. Bei ihnen ist das Know-how konzentriert, ohne sie fällt keine Entscheidung, oft haben sie eine persönliche, über viele Jahre gewachsene Beziehung zu den größten Kunden. In einem solchem Fall hängt ein Großteil des Unternehmenswertes an der Person des Firmenlenkers. Geht er, ist das Risiko hoch, dass der Wert sehr schnell fällt. Um dies zu verhindern und einen besseren Verkaufspreis oder ein höheres Rating zu erzielen, sollten Unternehmer unbedingt zumindest einen Stellvertreter benennen und ihm weitreichende Kompetenzen übertragen. Noch besser ist es, eine komplette zweite Führungsetage einzuziehen.
Know-how und Verantwortung verteilen
Um die Abhängigkeit des Unternehmens vom Firmenchef oder wenigen Führungskräften weiter zu reduzieren, sollten Know-how und Verantwortung auf weitere Mitarbeiter übertragen werden. Eine möglichst breite Verteilung wichtiger Aufgaben und Zuständigkeiten gewährleistet, dass immer jemand da ist, der entscheiden kann.
Organisationsabläufe dokumentieren
Gerade in kleineren mittelständischen Unternehmen bestehen meist kaum Hierarchien – und das ist auch gut so. Aber: Werden Aktivitäten und Aufgaben auf Zuruf geklärt oder Entscheidungen auf dem kurzen Dienstweg getroffen, kann ein Außenstehender diese Prozesse nicht nachvollziehen. Kaufinteressenten möchten jedoch wissen, wie Abläufe organisiert sind. Andernfalls ist es ihnen gar nicht möglich, ein Unternehmen wirklich zu beurteilen. Der Firmenwert lässt sich daher aufpeppen, wenn Firmenstruktur, Zuständigkeiten und Prozesse in Organigrammen transparent dargelegt werden.
Kunden-Cluster vermeiden
Eine Abhängigkeit von einem oder wenigen Hauptkunden sollte unbedingt vermieden oder zumindest reduziert werden. Ein vernünftiger Mix aus kleineren und großen Kunden, in dem sich möglichst auch gewerbliche, öffentliche und private Auftraggeber finden, trägt zu einer Steigerung des Firmenwertes bei.
Kundenbindung erhöhen
Verhandlungspartner sind eher bereit, einen höheren Preis für ein Unternehmen zu zahlen, wenn sie sicher sein können, dass ihnen der Kundenstamm nach der Übernahme erhalten bleibt. Dies können Verkäufer zusichern, wenn sie zuvor langfristige Verträge mit der Klientel abgeschlossen haben oder Kundenbindungsprogramme einsetzen. Zudem sollten die Beziehungen zu wichtigen Kunden nicht allein an wenigen Personen hängen.
Mitarbeiter qualifizieren, fördern, binden
Firmenkäufer möchten und müssen sich auf erfahrene, kompetente Mitarbeiter verlassen, die dem Unternehmen auch nach einem Verkauf die Treue halten. Verkaufswillige Firmeninhaber, die ihre Belegschaft schulen, in Weiterbildung investieren, langfristige Verträge mit Mitarbeitern abschließen und ihnen gute Möglichkeiten bieten, Berufsleben und Familie zu verbinden, können den Wert ihres Unternehmens erhöhen.
Investitionen nicht auf Eis legen
Es ist zwar naheliegend, Investitionen nicht mehr zu tätigen, wenn ohnehin der Firmenverkauf ansteht, den Unternehmenswert pimpt die „Lohnt-sich nicht-mehr-Taktik“ aber nicht auf. Im Gegenteil: Je besser die Fima technisch ausgestattet und je frischer sowie neuer der Gesamteindruck ist, desto mehr wird ein Käufer zu zahlen bereit sein. Investitionen sollten daher nicht auf Eis gelegt werden.
Risiken und Ansprüche klären
Kein Käufer möchte nach einer Firmenübernahme feststellen, dass gegen den Betrieb etwa noch Ansprüche Dritter bestehen, er für bestimmte Risiken Vorsorge treffen oder für nicht rückgedeckte Pensionszusagen aufkommen muss. Solche Aspekte müssen in den Verkaufsverhandlungen offengelegt werden, drücken den Unternehmenswert aber erheblich. Am besten ist es daher, sie rechtzeitig zu prüfen und möglichst zu beseitigen.
Drei Wege zum Unternehmenswert
· Multiplikatorenverfahren: Als Basisgröße für die Berechnung des Firmenwertes wird eine betriebswirtschaftliche Kennzahl herangezogen, die den Gewinn des Unternehmens angibt, meist das Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit). Das Ebit wird mit einem bestimmten Faktor, dem Multiple, multipliziert. Da Zinsen im Ebit noch nicht berücksichtigt sind, werden diese abgezogen. So errechnet sich der Eigenkapitalwert des Unternehmens.
· Discounted Cashflow: Bei dieser Methode werden, vereinfacht gesagt, die Cashflows geplant, die eine Firma in den kommenden Jahren voraussichtlich erzielen wird. Diese werden mit einem bestimmten Zinssatz auf ihren heutigen Wert abgezinst.
· Ertragswertverfahren: Zunächst werden die Nettozuflüsse geplant, die dem Unternehmen künftig zukommen werden. Die Planung erfolgt auf Basis der voraussichtlich ausschüttbaren Jahresüberschüsse. Diese werden mit einem Kapitalisierungszins auf den heutigen Barwert abgezinst. Der Kapitalisierungszinssatz entspricht dem Basiszinssatz für eine alternative, risikofreie Kapitalmarktanlage, der um eine Marktrisikoprämie erhöht wird.
Andrea Martens I redaktion@regiomanager.de
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