Recht & Finanzen

Kundenservice in Zeiten der KI

Bereits jetzt benutzen zahlreiche Unternehmen künstliche Intelligenz, um ihren Kundenservice zu entlasten. Was schon möglich ist und welche Potenziale sich entwickeln, lesen Sie hier.

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von Henry Bauten 17.07.2024
(© Limitless Visions – stock.adobe.com)

Im Kundenservice werden Chatbots schon seit Jahren darauf trainiert, mit Kunden zu interagieren. Dies klappt auch zunehmend flüssiger. Eine typische Interaktion beginnt bei der freundlichen Begrüßung, reicht über eine proto-empathischen Heranführung an Themen und geht bis hin zur kontextsensitiven Umsetzung von Servicemaßnahmen. Die KI lernt mit dem Input und entwickelt sich so – je nach Komplexität der eingesetzten Technologien – stetig weiter. 

 

So wird KI bisher genutzt 

Salesforce bezeichnet KI im Bereich des Kundenservices als eine „unverzichtbare Revolution”. Laut ifo Institut setzen bereits 13,3 % aller deutschen Unternehmen KI ein (Stand August 2023). Weitere 36,7 % planen aktuell die Anwendung. Führend sind dabei wenig überraschend Unternehmen aus dem Bereich IT. Im Vergleich zu den europäischen Nachbarn entwickelt sich KI nur langsam in Deutschland. Dennoch, es gibt Bewegung. Immer mehr Unternehmen sehen die Vorteile, die KI mit sich bringt. Die Verbreitung und Normalisierung von ChatGPT hat die Entscheidung für viele de-mystifiziert.

Wenn man an Kundenservice durch künstliche Intelligenz denkt, sind Chatbots ganz oben mit dabei. Die typischen Bots bieten vorgefertigte Antworten und Maßnahmen für einfache Anfragen. Kunden schätzen lange Wartezeiten als größtes Ärgernis im Kundenservice ein. Chatbots dienen exakt zur Beseitigung dieser Ressourcenengpässe. Sie beantworten simple Kundenanfragen, leiten von Seite zu Seite weiter und gleichen relevante Datensätze ab.

Chatbots sind aber bei Weitem nicht die einzigen KI-Helfer, die tagtäglich von deutschen und internationalen Unternehmen im Kundenservice genutzt werden.

 

Voice Assistant

Die Telefonansage ist ein altbekanntes Mittel im Kundenservice. Der Voice Assistant (VA) bietet eine Erweiterung des Dienstes. So kann der VA vordefinierte Sprachbefehle erkennen und umsetzen. Gleichzeitig übernimmt VA auch Aufgaben, die zuvor Kundenservicemitarbeiter erledigen mussten, zum Beispiel das Abgleichen von Kundendaten oder das Anfertigen von Gesprächsnotizen. So kann sich der Angestellte unbeschwert auf den zwischenmenschlichen Kontakt konzentrieren. 

 

ChatGPT

ChatGPT 4 wird als erster Chatbot gehandelt, der kontextbezogene, quasi-menschliche Antworten auf Kundenanfragen geben kann. Die Technologie lernt durch sogenanntes Reinforcement Learning. Hierbei werden gute Entscheidungen belohnt, indem korrekten und hilfreichen Antworten und Interaktionen positive Werte zugeteilt werden. Mit der Zeit lernt ChatGPT so, die bestmöglichen Entscheidungen im Rahmen der Interaktion zu treffen.

 

Qualitätsmanagement

KI-Programme geben dem Kundenservice-Team die Möglichkeit, Leads zu bewerten. Der Algorithmus wertet Kundenrisiken- und Verhalten sowie Wortwahl aus, um die Qualität des Leads einzuschätzen. Datenanalyse und deren Auswertung wird als vordergründlicher Vorteil – und ein enormes Ressourcenersparnis – verstanden. 

 

Automatisierung 

Kleinteilige Aufgaben, wie zum Beispiel die Beantwortung von Standardfragen, können durch KI automatisiert werden. Durch eine vorhergehende Erfolgsanalyse von Wortkombinationen werden Textoptionen angeboten. Erkennt die KI im vorgefertigten Text zum Beispiel ein Datum und eine Uhrzeit, kann durch einen Klick ein Termin zu dem gewählten Zeitpunkt erstellt werden. 

Auch bei der Erledigung von Alltagsaufgaben kann KI heute schon tatkräftig unterstützen. Indem man eine Wissensdatenbank erstellt, von welcher das Programm lernen kann, können Aufgaben, wie zum Beispiel die Weiterleitung von Nachrichten, von KI übernommen werden. 

Automatisierung bedarf ein wenig Vorbereitung – zum Beispiel die Pflege von Datenbanken und „Füttern” des Algorithmus – kann aber schnell und kompetent wiederkehrende Aufgaben erledigen, die sonst als sich ewig wieder auffüllende To Do’s Angestellte im Kundenservice beschäftigen und beschränken. 

 

Potenziale und Prozesse

Man unterscheidet zwischen der sogenannten schwachen („narrow”) und starken („general”) künstlichen Intelligenz. Die schwache Variante geht vorprogrammiert – mit einem gewissen Level an maschinellem Lernen – an klar definierte Aufgaben heran. Durchschnittliche Chatbots gehören zur Kategorie der schwachen KI, da sie letzten Endes „nur” Datensätze miteinander abgleichen. 

Die starke KI kommt nahe an tatsächliche menschliche Intelligenz heran oder übertrifft diese sogar. Zum aktuellen Zeitpunkt ist eine echte starke KI jedoch ein Zukunftstraum. Mit den rapiden Fortschritten in maschinellem Lernen im letzten Jahrzehnt alleine ist das Potenzial jedoch unbestritten. 

Über diese zwei Typen hinaus unterscheidet sich KI untereinander durch ihre Lernfähigkeit. Klassische Chatbots sind statisch. So können diese zwar Daten sammeln, aber nicht simultan umsetzen. Stattdessen bieten sie Multiple Choice-Interaktionen an, die dann in einem vordefinierten Rahmen umgesetzt werden. Wahre künstliche Intelligenz setzt die Informationen in (mehr oder weniger) Realzeit um. Man denke hierbei an Streaming Services wie zum Beispiel Spotify, welche die Medien, die aktuell konsumiert werden, analysiert und passende Pendants anbietet. Das sogenannte Deep Learning fällt ebenfalls unter den Bereich des maschinellen Lernens. Hierbei werden gesammelte Datensätze genutzt, um genaue Vorhersagen ohne menschliches Einwirken zu treffen. Im Bereich des Chatbots könnte dieser, statt nur vorgefertigte Antworten anzubieten, Gegenfragen stellen und aktiv auf Kommunikation und Kontext eingehen. 

Zum Zwecke des Deep Learning wird Natural Language Processing (NLP) verwendet. Dieser Prozess erkennt und verarbeitet natürliche – also menschliche – Sprache. Das Zusammenspiel aus Deep Learning und NLP ermöglicht eine kundennahe Kommunikation im KI-gesteuerten Kundenservice, die über den Chatbot-Standard hinausgeht. Noch ist dies in Deutschland aber nicht weit verbreitet. 

Über einen verbesserten Kundenservice hinaus ist künstliche Intelligenz eine vielfältige Chance für Unternehmen. KI steigert Produktivität, senkt Kosten und ermöglicht eine weitreichende Datensammlung und -analyse, die eigens verarbeitet und teilweise sogar umgesetzt wird. Und, um eventuellen Ängsten vorzubeugen: Das muss nicht unbedingt mit der Entlassung von menschlichen Angestellten zusammenfallen. Wir sind Jahrzehnte davon entfernt, dass künstliche Intelligenz die menschliche auch nur berührt. Im Hier und Jetzt ist KI eine Erweiterung und Hilfe für die Angestellten, nicht ihre Konkurrenz. 

 

KI: Der unumgängliche Trend

Wie IBM so passend sagt: Eine außergewöhnliche Kundenbetreuung ist nicht länger eine Priorität, sondern eine Notwendigkeit. Kunden erwarten ein hohes Level an Responsiveness und Verantwortlichkeit von Unternehmen. Diese Art von qualitativ hochwertiger und zeitnaher Kundenbetreuung kann schlichtweg nicht innerhalb typischer Geschäftszeiten stattfinden. Dafür fehlen den Unternehmen Ressourcen und Infrastrukturen. KI ist eine Lösung im Kundenservice, die sich an die „instant gratification”-Kultur der modernen Wirtschaft anpasst. Bereits heute sieht man Ansätze in der künstlichen Intelligenz, die in der Kundenkommunikation der Zukunft allgegenwärtig sein werden. Dennoch sei nicht zu vergessen: Die Maschine, aller Macht und Technologie zum Trotz, muss dennoch vom Menschen lernen. Kundenservice bleibt menschlich zentriert; sowohl auf Kunden- als auch auf Angestellten-Seite. 

Nataly Sesic | redaktion@regiomanager.de 

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