1: VIERTAGEWOCHE
Nur vier Tage arbeiten bei vollem Lohn: Das fordert aktuell die IG Metall für die kommende Tarifrunde. Rückenwind für die Viertagewoche gibt es durch verschiedene Modellprojekte in anderen Ländern. Zuletzt machte ein Pilotprojekt der Universität Cambridge Schlagzeilen: 56 von 61 Arbeitgebern wollen nach Ende der sechsmonatigen Testphase die Viertagewoche beibehalten. Beteiligt hatten sich Unternehmen aus dem Finanzsektor, der IT- und Baubranche sowie der Gastronomie und dem Gesundheitswesen. Einige Betriebe führten flächendeckend ein dreitägiges Wochenende ein, andere verteilten den freien Tag der Angestellten über die Woche oder verknüpften sie mit Arbeitsergebnissen. Eine steigende Produktivität habe die Verkürzung der Arbeitszeit ausgeglichen, erklärte Brendan Burchell von der Universität Cambridge. Es wurden weniger Krankheitsfälle und weniger Kündigungen verzeichnet. Dafür stieg der Umsatz durchschnittlich um 1,4 Prozent im Testzeitraum.
2: ANREIZ FÜR DEN NACHWUCHS
Nur an vier Tagen arbeiten, das gefällt vor allem den Nachwuchskräften der Generation Z, die lieber mehr Freizeit als Geld haben wollen. Früher waren Arbeitgeber gegen die Viertagewoche, weil sie Angst hatten, dass die Beschäftigten am langen Wochenende „schwarz“ arbeiten gehen. Die Zeiten scheinen vorbei zu sein. Eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit ist eine Möglichkeit, um überhaupt Fachkräfte gewinnen und halten zu können. Unternehmen und Betriebe in Deutschland, die bereits die Viertagewoche eingeführt haben, regeln das meist so, indem von Montag bis Donnerstag je 9 oder 9,5 Stunden gearbeitet werden. Die Anzahl der Urlaubstage reduziert sich entsprechend von 30 auf 24 Tage. Aus der Praxis hört man vor allem positive Stimmen: Der freie Tag scheint die Beschäftigten wirklich sehr zu motivieren. Die Produktivität steigt – so, wie die Studie es in Großbritannien auch gezeigt hat.
3: NICHT VOR SONNENAUFGANG
Arbeiten, wenn andere noch im Tiefschlaf sind, das mögen immer weniger Leute. Deswegen bekommt das Bäckerhandwerk kaum Personal. Auch andere Branchen mit extrem frühem Arbeitsbeginn oder mit Nachtschicht haben es schwer. Aber sind Arbeitszeiten in Stein gemeißelt? Kann der Arbeitsbeginn nicht flexibilisiert werden? Im Verwaltungswesen klappt das gut mit Gleitzeit und Arbeitszeitkonten. In Sektoren mit Kundenkontakt und Ladenöffnungszeiten ist das schwieriger – aber es geht. Beispielsweise müssen die Bäcker der „Blond Bakery“ in Essen erst um 9 Uhr anfangen statt um 2 Uhr nachts. Die Bäckerei öffnet entsprechend erst um 11 Uhr. Nur samstags beginnt der Verkauf schon um 8 Uhr, dann geht der Backbetrieb um 5 Uhr los. Sonntag und Montag sind Ruhetage.
4: HOMEOFFICE BLEIBT BELIEBT
Die SARS-CoV-2-Pandemie hat das Arbeiten in den eigenen vier Wänden salonfähig gemacht. Auch in der Post-Corona-Zeit wollen viele Beschäftigte möglichst oft pro Woche von zu Hause arbeiten. Weil es Wegezeit spart. Weil man konzentrierter arbeiten kann. Vielleicht auch, weil es besser zum eigenen Biorhythmus passt oder sich besser mit Familienarbeit verbinden lässt. Durch digitale Tools funktioniert die Zusammenarbeit meist reibungslos. Im Chat lässt sich manches schneller klären als vor Ort. Für den Zusammenhalt des Teams sollten aber regelmäßige Meetings in Präsenz stattfinden. Auch um neue Ideen zu entwickeln und Dinge voranzutreiben, ist es wichtig, Kollegen und Kolleginnen live zu treffen. Auch Führungskräfte sollten persönlichen Kontakt zu den Teammitgliedern halten – egal, an welchem Arbeitsort sie sich aufhalten.
5: SO NAH UND DOCH SO FERN
Das Wort remote hat es in den Duden geschafft: „Nicht in unmittelbarer Nähe befindlich, aber miteinander verbunden (z.B. von Computern und Kommunikationseinrichtungen).“ Remote arbeiten, das ist eine Stufe weiter als Homeoffice. Die Beschäftigten können tatsächlich an jedem Ort der Welt leben und von dort arbeiten. Der persönliche Kontakt kann durch unterschiedliche Zeitzonen erschwert werden. Da macht es Sinn, „Kernsprechzeiten“ festzulegen, in denen der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zu erreichen ist. Remote-Arbeitende müssen besonders gut darin sein, sich selbst zu organisieren und zu disziplinieren. Die Arbeitszeit kann per digitalem Stundenzettel nachgewiesen werden, aber das vorgegebene Arbeitspensum muss realistisch sein. Führungskräften, denen auffällt, dass Beschäftigte spätnachts (Ortszeit) E-Mails versenden oder im Chat kommunizieren, sollten mal nachhören, ob das Überstunden sind oder nachgeholte Arbeit, weil man tagsüber anderen Verpflichtungen oder Vorlieben nachgeht.
6: FLEXIBLE ARBEITSZEIT
Innovative und flexible Arbeitsmodelle passen sich dem Lebensrhythmus der Angestellten an. Teilzeitstellen werden größtenteils von Müttern in Anspruch genommen. Aber auch junge Väter wollen ihre Arbeitszeit zugunsten der Familie und Freizeit reduzieren. Bei der Bäckerei und Konditorei Hohoffs in Waltrop geht man auf individuelle Arbeitszeitwünsche ein: Eltern können ihre Arbeitszeit z.B. an die Betreuungszeiten der Kindertagesstätte oder dem Ganztag in der Grundschule anpassen. Die Teams regeln intern das meiste untereinander. Bei Leuten, die im Homeoffice bzw. remote arbeiten, haben Forscher beobachtet, dass diese insgesamt (zu) viel arbeiten, aber oftmals stark unterbrochen und zu unüblichen Tageszeiten. Das liegt meist an der Vereinbarkeit von Familie, Beruf oder Hobby. Warum nicht am Nachmittag den Kindern bei den Hausaufgaben helfen oder Sport treiben und in den Abendstunden arbeiten? Wenn das Arbeitsergebnis stimmt und das Pensum geschafft ist, ist das in Ordnung. Vorgesetzte sollten nur ein Auge darauf haben, ob die Entgrenzung der Arbeitszeit nicht übertrieben wird und zu Gesundheitsschäden führt.
7: BEDÜRFNIS NACH FEEDBACK
Zur New Work gehört auch ein passendes Führungsverhalten: Das Meinungsforschungsinstitut Gallup erforscht seit 2001, wie hoch der Grad der emotionalen Bindung von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber ist, das heißt wie engagiert und motiviert sie bei der Arbeit sind. Die aktuelle Studie kommt Ende 2022 zu dem Ergebnis, dass nur 13 Prozent der Angestellten eine hohe emotionale Bindung ans Unternehmen haben. Das liegt vor allem an der hohen Unzufriedenheit mit den Führungskräften. „Die Mitarbeitenden wünschen sich mehr Feedback, wollen mehr in Entscheidungen eingebunden werden. Führungskräfte sollten offener für Vorschläge und Ideen ihrer Mitarbeiter sein“, sagt Marco Nink vom Gallup-Institut.
8: FÜHRUNG IST EINE AUFGABE
New Work impliziert, dass Beschäftigte mehr Eigenverantwortung übernehmen, ihre Arbeit selbst gut organisieren können und bereit sind, auch Entscheidungen zu treffen. Aber nicht jeder Mensch mag oder kann das. Manche Angestellten brauchen klare Vorgaben, Anweisungen, regelmäßige Kontrollen und Feedbacks. Für Führungskräfte ist es keine leichte Aufgabe, den Wunsch nach mehr Autonomie zu erfüllen und gleichzeitig im Auge zu behalten, wer überhaupt für New Work geeignet ist. Der Blick auf die Produktivität und Kennzahlen ist das eine, die feinfühlige Kommunikation mit den Mitarbeitern ist das andere.
9: DIGITALISIERUNG NUTZEN
Auch wenn es älteren Beschäftigten vielleicht etwas Angst bereitet und die Einarbeitung mühsam ist: In allen Branchen können digitale Tools zur Arbeitserleichterung führen. Prozesse lassen sich beschleunigen, Fehlerquoten reduzieren und die Kommunikation mit Kollegen, Kunden und Lieferanten verbessern. Nicht nur der Einzelhandel kann im Vertrieb und Marketing von der Digitalisierung profitieren. Hinzu kommt: Videokonferenzen sparen Wege und Reisekosten. Und Weiterbildung online ermöglicht auch Eltern von Kleinkindern oder Menschen mit Handicap eine Teilnahme.
10: NEUE ZEITEN AUSPROBIEREN
Kommen wir noch einmal zur Arbeitszeit zurück. Sie bildet das Korsett unseres Tages. Vielleicht sollten Unternehmen mehr Neues ausprobieren: Die Viertagewoche könnte auch mit neuen Arbeitsmodellen verknüpft werden: Das eine Team arbeitet von Montag bis Donnerstag, das andere von Mittwoch bis Samstag. Je nach persönlicher Situation kann das perfekt passen. Und kundenfreundlich wäre die Arbeit am späten Nachmittag und Samstag sowieso. Wäre doch super, wenn der Handwerker auch am Samstag käme. Eine andere Alternative wären jährliche Arbeitszeitkonten. Sie sollten am Jahresende möglichst ausgeglichen sein, so wie das Urlaubskonto. Zwischendrin wären aber längere Auszeiten möglich – ohne dass gleich ein ganzes Sabbatical anfällt.
Claudia Schneider
| redaktion@regiomanager.de
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