Corona-Pandemie hin oder her; dem Wohnimmobilienmarkt kann sie nichts anhaben. Roland Hustert, Geschäftsführer der LBS Immobilien GmbH NordWest, ist davon überzeugt, dass die stark steigende Preisentwicklung bei Immobilien, die es seit einigen Jahren gibt, so weitergehen wird. „Die Covid-19-Pandemie wird aus heutiger Sicht keine langfristigen Auswirkungen auf den Immobilienmarkt für Wohnimmobilien haben“, so Hustert. Für ihn zählen Scheidungen, berufliche Veränderungen und Todesfälle zu den wichtigsten Anlässen für den Kauf bzw. Verkauf von Wohnimmobilien. Das bleibe auch nach der Pandemie gleich.
Hustert: Die Nachfrage nach Wohnimmobilien wird hoch bleiben
Zu den Gründen für die Nachfrage gehört aus Husterts Sicht außerdem die seit Jahren bundesweit ansteigende durchschnittliche Quadratmeterzahl. Weil die Bevölkerung immer älter wird und immer länger in zu groß gewordenen Wohnungen lebt, fehlt es aus Sicht des Experten an Wohnraum. Es werden zwar neue Wohnungen gebaut, aber auch alte abgerissen. Die Abrisse werden in den Statistiken aber nicht erfasst bzw. mit den Neubauten saldiert. „Zudem gibt es immer mehr Singles, die, teils durch ihren Beruf, mehrere Wohnungen in unterschiedlichen Städten anmieten“, so Hustert. „Nach Ende der Covid-19-Pandemie, wenn sich das Home-Office in vielen Unternehmen fest etabliert hat, könnte es unter Umständen auf lange Sicht allerdings zu einer sinkenden Nachfrage nach Pendlerwohnungen kommen“, so Hustert weiter.
Niedrigzinsen ermöglichen Finanzierungen
Für Kreditinstitute ist die Immobilienvermittlung durch die Niedrigzinspolitik in den vergangenen Jahren interessanter geworden. „Denn aktuell können sich weitaus mehr Personen ein Eigenheim leisten als zuvor“, sagt Volker Schwarz, Bereichsleiter Immobilienvermittlung bei der Volksbank in Südwestfalen. Eine zehnjährige Zinsfestschreibung liegt Schwarz zufolge mittlerweile weit unter einem Prozent im Gegensatz zu Zinsen um die sechs bis sieben Prozent vor einigen Jahren. Privatpersonen, die ansonsten Strafzinsen für ihre Bankguthaben zahlen müssten, kaufen lieber Häuser als Rendite-Objekte, für die sie knapp 2,5 Prozent Mietrendite erhalten. Und Kreditinstitute als Makler können gleichzeitig das Thema „Finanzierung“ mitanbieten. „Heutzutage suchen viele Personen zuerst ein Haus und überlegen sich dann, wie sie die Finanzierung gestalten“, sagt Hustert. Und das gerade in Corona-Zeiten. „Privatpersonen hatten Zeit, sich mit ihren Immobilienwünschen zu beschäftigen, und mögliche Einkommenseinbußen waren vielfach noch nicht spürbar“, erklärt Schwarz.
Der überwiegende Teil der Bankenmakler ist im selbstgenutzten und Anlage-Bereich von Wohnimmobilien tätig. Rund um das Thema „Wohnen“ gibt es gerade für regionale Institute eine Wertschöpfungskette, die sie optimal nutzen können. Sie verfügen Schwarz zufolge über vielfältige Kundeninformationen, Handwerker-Netzwerke und ein breites Leistungsangebot, von der Finanzierung bis zur Versicherung. „Viele Kreditinstitute positionieren derzeit ihr Leistungsspektrum rund um das Thema ‚Wohnen‘ für ihre Kunden neu“, so Schwarz weiter. Das würden allerdings auch viele freie Makler tun. Es gibt Schwarz zufolge eine große Bandbreite und starke Konkurrenz unter Immobilienvermittlern. Hinzu kommen mittlerweile auch digitale Vermittlungsplattformen wie „McMakler“ oder „Homeday“, die vielfach von großen Konzernen wie „Springer“ finanziert werden und mit einem hohen Marketing-Budget online präsent sind.
Angebote vor allem digital
Für alle Immobilien gilt aktuell, dass eine gute digitale Objektdarstellung, bis hin zur 3D-Animation, wichtiger geworden ist. Über digitale Angebote können sich Kunden vorab ein Bild der Immobilie und der Lage machen und sich dann, bei wirklichem Interesse, mit dem Verkäufer vor Ort treffen. Dadurch sparen beide Parteien Aufwand und Zeit, so Schwarz. Auch Hustert beobachtet, dass Kunden mittlerweile eine höhere Erwartungshaltung an die Art und Weise haben, wie das Objekt im Internet präsentiert wird. „Neben einem ausführlichen Exposé und farbigen Grundrissen verlangen immer mehr Kunden auch einen Video-Rundgang, 360-Grad-Fotos und Home-Staging-Maßnahmen für hochwertige Objekte“, erklärt Hustert. Auch die Volksbank in Südwestfalen ist digital unterwegs. „90 Prozent unserer Anfragen kommen digital über die bekannten Internetportale zustande“, so Schwarz. Die Anzeigen in der Filiale auszuhängen, reiche mittlerweile nicht mehr aus. „Wenn wir ein Standard-Siedlungshaus freitags online inserieren, gibt es bis Montag 30 bis 40 Anfragen“, sagt Schwarz. In der darauffolgenden Woche würde das Institut meist nach einigen Besichtigungstagen einen Käufer finden, obwohl es in der Region keinen Immobilienboom gibt. Trotz Digitalisierung kaufe allerdings kein Kunde ein Haus nur basierend auf dem digitalen Exposé. „Daher braucht es weiterhin Spezialisten, die sich vor Ort auskennen“, so Schwarz. Die Märkte teilen sich Hustert zufolge immer mehr in Mikromärkte auf. Zwei Straßen weiter könne sich das Preisniveau für Wohnraum bereits sehr stark unterscheiden. Daher ist es auch aus seiner Sicht wichtig, dass Makler neben einer guten Markt- auch eine gute Ortskenntnis mitbringen.
Mehr Interesse am Umland
Weil aktuell mehr Personen im Home-Office arbeiten, gibt es auf dem Markt laut Hustert eine verstärkte Nachfrage nach Wohnungen, die etwas außerhalb der Speckgürtel, zwischen 15 und 20 Kilometer vom Arbeitsplatz entfernt, liegen. Zu einem ähnlichen Schluss gelangt auch eine Studie, die der Verband der Sparda-Banken zusammen mit dem Institut der deutschen Wirtschaft (IW) im November veröffentlicht hat. Sie hat herausgefunden, dass die Preise für Bestandswohnungen seit 2017 im Umland der meisten Metropolen wie Köln oder Berlin stärker gestiegen sind als in den Großstädten selbst. Im Durchschnitt sind die Preise für Wohnimmobilien deutschlandweit nahe der sieben größten Städte der Studie zufolge aber weiter um 55 Prozent günstiger als in den Metropolen.
Ein weiterer Trend auf dem deutschen Immobilienmarkt sind die stark zunehmenden regulatorischen Vorschriften. Diese Entwicklung hat, so Hustert, begonnen mit der Energie-Einspar-Verordnung und beinhaltet mittlerweile zahlreiche Vorgaben wie die Geldwäsche-Verordnung, Compliance-Richtlinien oder das Besteller-Prinzip, das ab dem 23. Dezember gültig ist. „Exposés müssen beispielsweise so gestaltet werden, dass sie einem Widerrufsprozess standhalten können“, erklärt Hustert. Das sei sehr kompliziert geworden.
Barbara Bocks| redaktion@regiomanager.de
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