Insbesondere beim ökologischen Teil der Nachhaltigkeit ist das Handwerk einer der wichtigsten Schlüssel überhaupt. Ohne Handwerksbetriebe würde keine einzige Photovoltaikanlage auf Dächern installiert werden. Keine Wärmepumpe würde angeschlossen. Es könnte kein Gebäude nachträglich gedämmt werden – und noch vieles mehr bliebe versagt.
Gleichsam sind Handwerksbetriebe vielfach keine Hersteller. Sie können daher kaum besonders energieintensive Prozesse optimieren; können vielfach von ihnen verwendete Produkte nicht klimaverträglicher gestalten – denken wir hierbei an einen Maurerbetrieb, der es selbst kaum in der Hand hat, wie der von ihm verwendete Mörtel erzeugt wird.
Dafür kann das Handwerk jedoch besonders punkten, wenn man Nachhaltigkeit auch aus einem sozialen und ökonomischen Blickwinkel her betrachtet. Tatsächlich sind deshalb viele Betriebe bereits nachhaltig, ohne es vielleicht zu wissen. Zudem gibt es für fast jedes Unternehmen einige Optionen, die eigene ökologische, ökonomische und soziale Nachhaltigkeit weiter zu verfeinern.
1. Photovoltaik nutzen
Jeder Handwerksbetrieb hat irgendeine Form von Büro. Viele besitzen Lager und je nach Branche ist eine Werkstatt ebenso Pflicht, sofern die Arbeit nicht gänzlich im Kundendienst erledigt wird. Damit ist letztlich jeder Handwerksbetrieb ein Stromverbraucher – und somit fast immer ebenso ein Interessent für Photovoltaik.
Je nach Lage und Art der Immobilie lassen sich auf diese Weise beträchtliche Strommengen selbst erzeugen. Werden zudem Stromspeicher verwendet, kann der Eigenverbrauch maximiert werden – wozu angesichts der immer weiter sinkenden Einspeisevergütung unbedingt angeraten ist. Je nach Umfang der ganzen Anlage ist es sogar praktisch (nicht nur rechnerisch) möglich, sämtliche Stromverbräuche nur aus dieser einen Quelle zu versorgen.
Überdies existieren allein bei der KfW mehrere Programme (etwa 293, 291 und 270), mit denen dieses Vorhaben um diverse Fördermittel unterstützt werden kann.
Wichtig: In verschiedenen Bundesländern gelten mittlerweile Gesetze, die bei Neubau oder (Dach-) Sanierung von Nichtwohngebäuden sowieso Photovoltaik zur Pflicht machen. Diese sind in jedem Fall zu beachten, da hier teilweise Mindestvorgaben bezüglich der Fläche gemacht werden.
2. Elektrische Mobilität nutzen
Ohne eine ständig verfügbare Mobilität geht es für viele Handwerksbetriebe nicht:
- Arbeiten, die bei den Kunden selbst durchgeführt werden.
- Notwendige Abholungen und Lieferungen, etwa bei Reparaturen oder Einzelanfertigungen.
- Transportieren von eingekauften Arbeitsmaterialien.
Bislang setzen hierfür die meisten Unternehmen auf verbrennungsmotorbetriebene Fahrzeuge der typischen Sprinter- oder Caddy-Klasse; je nach Platzbedarf. Beide Segmente wurden in der Vergangenheit seitens der Hersteller von (batterie-) elektrischen Fahrzeugen ein wenig vernachlässigt. Allerdings hat sich dieses Blatt längst gewendet.
Handwerkertaugliche Elektrofahrzeuge in unterschiedlichen Größen und Zuladungen strömen derzeit in großer Menge auf den Markt. Selbst der klassische Sprinter wird ab 2023 elektrisch erhältlich sein – ein Vorserienmodell überzeugte die Tester bereits unter Realbedingungen. Auf 475 Kilometer brachte es die verwendete Version mit dem größten Akku (113 Kilowattstunden).
Gleichsam sind Handwerksbetriebe wichtige Kunden für Elektrofahrzeuge, die bislang keinen fossil betriebenen Gegenpart haben. Etwa der voraussichtlich ab 2024 erhältliche Xbus oder der Ari 458 – beides Kleinfahrzeuge der sogenannten L7e-Transporterklasse.
Bei der Verwendung elektrischer Fahrzeuge sollten Handwerksbetriebe allerdings nicht nur an die damit einhergehende Nachhaltigkeit denken: Selbst relativ schwere elektrische Transporter, die zudem in der derzeitigen Hochstrompreisphase (also ohne PV-Eigenstrom) geladen werden, sind im Betrieb günstiger als Verbrenner. Um wie viel die Kosten weiter sinken, wenn der Strom dafür aus der betriebseigenen PV-Anlage stammt, kann sich jeder Leser selbst ausmalen.
3. Mit lokalen Versorgern zusammenarbeiten
Längst nicht jeder Handwerksbetrieb hat es in der Hand, von wo er seine Rohstoffe und Arbeitsmaterialien bezieht – einmal mehr sei auf das erwähnte Beispiel des Maurerbetriebs verwiesen.
Allerdings gilt diese Aussage nicht universell. Vom Anstreicher, der ökologische Farben offeriert, über den Dachdecker, der Dämmungen vornimmt bis zum Zimmermann existieren viele Handwerksformen, die durchaus auf regional verfügbare Rohstoffe setzen können, wenn sie es nur möchten.
Dabei handelt es sich sogar sowohl um ökologische als auch soziale Nachhaltigkeit: Es entfallen viele Transportwege; mitunter können weniger energieintensive Alternativen genutzt werden. Nicht zuletzt wird die eigene Region gestärkt, was unter anderem im ländlichen Bereich nach wie vor extrem wichtig ist.
4. Zukunftssicher und mit Augenmaß wirtschaften
In Deutschland gibt es knapp 600.000 Handwerksbetriebe. Zirka drei Viertel von ihnen sind als Familienbetrieb aufgestellt – einige schon seit Generationen. Tatsächlich ist das sozusagen ein Goldstandard für ökonomische Nachhaltigkeit: Ein Betrieb, der in seinem ganzen Schaffen darauf ausgelegt ist, eine maximal langfristige, gesunde Wertschöpfung zu erzielen. Kein Wachstum um des Wachstums willen, keine kurzfristigen Investitionen und schnelllebigen Gewinnabsichten.
Tatsächlich sollte sich jeder selbstständige Handwerker an diesem Ziel orientieren, selbst wenn er niemanden in der Familie hat, der den Betrieb übernehmen möchte. Der Grund? Nachhaltiges Wirtschaften ist einer der besten Garanten für Zukunftsfähigkeit, weil damit automatisch enorme Stabilität einhergeht – nebenbei wird ein Handwerksbetrieb dadurch bei Investoren sehr attraktiv.
5. Sanieren statt neu bauen
Jeder Handwerksbetrieb benötigt einem Firmensitz, um Teile seiner Arbeit durchführen zu können. Angesichts dessen trägt die Entscheidung für eine bestimmte Art von Immobilie sehr viel dazu bei, wie es um die ökologische und sogar soziale Nachhaltigkeit des Hauses bestellt sein kann.
Natürlich, mit einem brandneuen Gebäude kann der unternehmerische Energieverbrauch auf ein zum Errichtungszeitraum mögliches Mindestniveau gebracht werden. Allerdings: Bis der ökologische Fußabdruck, den alle Materialien und die Errichtung selbst verursacht haben, sich amortisiert hat, können mitunter Jahrzehnte vergehen.
Und, sofern ein solches Gebäude, wie heute vielfach üblich, an den Ortsrändern oder in anonymen Gewerbegebieten errichtet wird, leidet darunter ebenso die soziale Nachhaltigkeit: Wieder ein Unternehmen weniger im Ortskern. Wieder ein Betrieb mehr, der schwieriger zu erreichen ist.
Unter diesen Aspekten sollten Handwerksbetriebe stets versuchen, ihre Ansprüche hinsichtlich des Platzes, der Erreichbarkeit und natürlich des Energieverbrauchs mittels (zu sanierender) Bestandsbauten zu decken – gegebenenfalls um bauliche Erweiterungen ergänzt.
Dies ist die in jeder Hinsicht nachhaltigere Herangehensweise und fast immer die ungleich günstigere. Denn unter anderem müssen sich nur die durchgeführten Baumaßnahmen amortisieren; nicht das gesamte Gebäude. Außerdem kommt mitunter wieder „Leben“ in einen womöglich langjährig leerstehenden Bau, was ebenfalls ein wichtiges Signal ist.
Ferner gibt es auch hierbei die Option, die gesamte Bandbreite ökologisch-nachhaltiger Methoden und Materialien zu nutzen – angefangen bei Dämmmaterialien aus nachhaltigen Rohstoffen und bei der Verwendung naturproduktbasierender Farben noch längst nicht endend.
Übrigens: Wenn Sanierungen durch lokale Handwerksbetriebe durchgeführt werden, so entsteht ein Win-Win-Effekt, der beide Seiten bevorteilt.
6. Alternative Wasserquellen nutzen
Nicht jedes Handwerksunternehmen hat einen solchen Wasserverbrauch wie der schon mehrfach erwähnte Maurerbetrieb – der schließlich zwingend ungezählte Liter benötigt, um Beton, Mörtel und ähnliche hydraulischen Stoffe verarbeitungsfertig zu machen.
Allerdings ist genau dieser geringere Wasserbedarf gut. Denn er ermöglicht es vielen Häusern, alles, was nicht zwingend aus Leitungswasser gespeist werden muss, aus alternativen Quellen zu versorgen. Konkret sind damit gemeint
- Regenwasser,
- Brunnenwasser und mitunter
- wiederaufbereitetes Abwasser.
Jeder Betrieb kann beispielsweise die auf seinen Dachflächen anfallenden Regenwässer in entsprechenden Zisternen auffangen. In diesem Fall müssen etwa nur noch die Wasserversorgungen für Toiletten neu verrohrt werden, damit sie (für Trockenperioden umschaltbar) hauptsächlich aus dieser Quelle gespeist werden.
Ähnliches gilt für Brunnen. Die Kosten, um sie anzulegen, sind je nach örtlichen Wasserpreisen und dem eigenen Verbrauch mitunter schon nach wenigen Monaten amortisiert. Zudem ist es durch den Einsatz von diversen, handelsüblichen Filtern möglich, dieses Wasser problemlos auf Trinkwasserqualität zu bringen. Damit kann das Brunnenwasser tatsächlich den kompletten Verbrauch des Unternehmens stillen.
Mittlerweile existieren sogar Techniken, die eine Mehrfachnutzung gestatten. Beispielsweise kann das Abwasser von Duschen und Waschbecken des Hauses in biologischen und physikalischen Filtersystemen gereinigt werden und danach ein weiteres Mal, etwa ebenfalls in den Toiletten, verwendet werden.
Zusammengefasst
Das Handwerk ist eine der wichtigsten Stützen der deutschen Wirtschaft. Und obwohl sich ein erheblicher Teil aller Unternehmen eher am unteren Rand der KMU-Definition bewegt, so handelt es sich dabei dennoch um Häuser, die in Sachen Nachhaltigkeit beträchtliche Wirkmacht entfalten können.
Eine wichtige Tatsache ist bereits dadurch gegeben, dass es sich um kleine Betriebe handelt, deren Kundenstamm meistens eher regional aufgebaut ist. Zwar gibt es pro Unternehmen nicht so extreme Energiemengen einzusparen wie selbst in einem kleineren Industriebetrieb. Dafür aber können Handwerker verschiedenste Stellschrauben nutzen, die anderen, größeren Firmen schon aus wirtschaftlichen Gründen verwehrt sind.
Zusammen ergibt das verschiedene Optionen, um nachhaltiger zu sein – und da es sich eben um Handwerksbetriebe handelt, lässt sich manches davon sogar bewerkstelligen, ohne auf andere Unternehmen für die Durchführung angewiesen zu sein.
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