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KI Anwendungsfall: neue Geschäftsmodelle: Neue Geschäftsmodelle dank KI

Die Technologie bietet riesige Chancen – wenn denn die Datenbasis vorhanden ist.

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von Regiomanager 13.09.2023
(© ­­­deagreez − stock.adobe.com) | Daniel Boss

„Die Nutzung von KI im E-Commerce hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Meine Erfahrungen zeigen, dass Unternehmen, die KI-Technologien einsetzen, ihren Kunden ein maßgeschneidertes Einkaufserlebnis bieten können“, sagt Dr. Nils Urbach, Inhaber der Professur für Wirtschaftsinformatik und Digital Business sowie Direktor des Research Lab for Digital Innovation & Transformation (ditlab) an der Frankfurt University of Applied Sciences. „Durch die Analyse von Kundenverhalten, Kaufhistorie und anderen Daten können E-Commerce-Plattformen personalisierte Produktempfehlungen generieren, die die Wahrscheinlichkeit von Käufen erhöhen. Darüber hinaus ermöglicht KI auch die Anpassung von Marketingmaßnamen, um sie relevanter und ansprechender zu gestalten. Ich halte den Einsatz von KI-Anwendungen aufgrund der in der Regel guten Datenverfügbarkeit für sehr vielversprechend.“


Potenzial der Weiterentwicklung

Die Einsatzmöglichkeiten von KI sind sehr breit. „Neben den genannten Punkten gibt es weitere Beispiele wie Chatbots, Vorhersagemodelle, Lieferkettenoptimierung und vieles mehr“, so Frederic Kerber, Leiter des Innovative Retail Laboratory (IRL) des Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und Projektleiter IM Mittelstand-Digital Zentrums Handel. „Dementsprechend vielfältig sind auch die Erfahrungen. Es hängt von einer ganzen Reihe an Voraussetzungen ab, damit solche Systeme die Erwartungen erfüllen und gut funktionieren. Wichtig ist eine solide Datenstrategie als Grundlage und ein Gespür dafür, an welcher Stelle ein solches System nutzbringend eingesetzt werden kann.“
Für etablierte Händlerinnen und Händler sind es ihm zufolge gar nicht mal unbedingt grundlegend neue Geschäftsmodelle, die sich neuerdings ergeben. „Sondern es stellt sich eher die Frage, wie das bestehende Geschäftsmodell weiterentwickelt werden kann.“ Mithilfe von KI könne sich z.B. ein anderer Zugang zu bisher schon vorhandenen Daten wie Abverkaufszahlen ergeben – und daraus viel einfacher Wissen geschöpft werden. „Durch den Einsatz von KI-Methoden können auch Freiräume geschaffen werden, weil Routinetätigkeiten vereinfacht werden und somit mehr Zeit für andere Dinge bleibt. Diese Zeit kann z.B. genutzt werden, um das Einkaufserlebnis der Kundinnen und Kunden zu verbessern, gegebenenfalls auch hier mit dem Einsatz von KI.“


Auch Kleine können profitieren

Gilt diese Verheißung nur für Konzerne? Dr. Nils Urbach betont, dass auch kleinere Unternehmen erheblich von KI profitieren können. „Dank cloudbasierten KI-Diensten und KI-Serviceplattformen können sie fortschrittliche Technologien nutzen, ohne in teure Infrastrukturen investieren zu müssen. KI kann ihnen helfen, ihre Betriebsabläufe zu optimieren, Kundendaten effektiver zu nutzen und neue Marktchancen zu identifizieren. Ein kleines Unternehmen könnte beispielsweise einen Chatbot einsetzen, um den Kundenservice zu automatisieren und dadurch Ressourcen einzusparen.“
Wichtig ist, erst einmal die erforderlichen Grundlagen zu schaffen. „Um überhaupt KI-Technologien zu nutzen, ist es notwendig, Daten in elektronischer Form zur Verfügung zu haben. Deshalb steht vor der KI-Nutzung in den Unternehmen die Digitalisierung von Prozessen und oder Produkten“, betont Michael Guth vom Zukunftszentrum KI NRW. Aus diesem Grund liege es auf der Hand, dass Branchen und Unternehmen, die bereits sehr digital arbeiten – etwa Online-Handel, Reisebüros, Banken, Versicherungen – schneller KI-Lösungen einsetzen könnten als andere. „Der industrielle Mittelstand fokussiert sich momentan eher auf Verwaltungsarbeiten. In der Produktion geht es noch darum, relevante Daten aus den Maschinen und den betriebswirtschaftlichen Abteilungen zusammenzubringen. Viele Fragen sind bereits technisch gelöst, aber hier steckt der Teufel wie so oft im Detail“, meint Michael Guth.


Interesse wächst und wächst

Zweifellos nimmt das Thema weiter an Fahrt auf. Auch im Zukunftszentrum KI NRW, einem vom Bund und vom Land NRW geförderten Projekt, nahm die Zahl der entsprechenden Anfragen deutlich zu. Während sich 2021/22 nur knapp ein Drittel aller Unternehmen mit speziellen KI-Fragen an das Zukunftszentrum wandten, stieg die Nachfrage seit Jahresbeginn sprunghaft auf knapp 45 Prozent.
Besonders bewegt die Firmen die Frage nach neuen datenbasierten Geschäftsmodellen. „Für den produzierenden Mittelstand gilt allerdings, dass das bestehende Produktportfolio sicher auch weiterhin ein Kernbestandteil eines möglichen datenbasierten Geschäftsmodells sein wird“, sagt Guth. „Insofern sind für diese Firmen vor allem sogenannte hybride Geschäftsmodelle relevant, bei denen datenbasierte Dienstleistungen an ein bestehendes Produktportfolio angedockt werden.“
Obwohl KI viele Möglichkeiten bietet, sind die Grenzen nicht zu übersehen: Neben dem Thema Datenqualität und -verfügbarkeit sind, so Dr. Urbach, „Ethik und Datenschutz ebenfalls wichtige Überlegungen, insbesondere wenn es um personalisierte Kundenerfahrungen geht“. „Künstliche Intelligenz ist kein Allheilmittel, sondern ein Werkzeug, das – richtig eingesetzt – sehr hilfreich sein kann“, betont auch Frederic Kerber.

Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de Daniel Boss
| redaktion@regiomanager.de

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Fotostrecke

Michael Guth gehört zur Projektleitung des Zukunftszentrums KI NRW (© ZENIT)

Frederic Kerber leitet das Innovative Retail Laboratory des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (© DFKI)

Dr. Nils Urbach lehrt Wirtschaftsinformatik und Digital Business in Frankfurt am Main (© Urbach)

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