Produktion

Oberflächentechnik: Oberflächentechnik: Oberfläche schafft langes Leben

Moderne Technik kommt ohne Oberflächenveredlung nicht mehr aus: Die Oberflächentechnik ist eine der am dynamischsten wachsenden Branchen.

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von Regiomanager 01.06.2017
Projektbeteiligte begutachteten die erste feuerverzinkte Stahl-Verbund-Brücke Deutschlands an der A44 (Foto: Forschungsvereinigung Stahlanwendung) | Reinhold Häken

Mit lediglich einem Kilogramm Zink wird eine Tonne Schrauben gegen Korrosion geschützt. Ganze 0,1 Gramm Gold werden benötigt, um 5.000 elektronische Kontakte zu beschichten und dauerhaft zu schützen. Kein Auto verlässt mehr das Band, bei dem nicht wesentliche Teile oberflächenveredelt sind. Die moderne Medizintechnik ist ohne Verfahren der Oberflächentechnik nicht denkbar, auch die Bauwirtschaft und die Sanitärindustrie, die Elektrotechnik und die Elektronikindustrie sowie die Luft- und Raumfahrtindustrie kommen ohne Oberflächenveredlung nicht aus.
Oberflächentechnik ist eine der am dynamischsten wachsenden Branchen: Produkte und Gegenstände unseres Alltags müssen heute nicht nur „funktionieren“, sie müssen angenehm in Form und Handhabung und zugleich langlebig sein. Viele Massenwerkstoffe wie Stahl, Messing, Aluminium, Zink-Druckguss oder Kunststoff entsprechen diesen Anforderungen grundsätzlich nicht. Erst durch eine oft nur wenige tausendstel Millimeter dünne Oberfläche aus Kupfer, Nickel, Chrom, Zink, Zinn, Silber, Gold oder Lack entstehen aus unedlen Grundwerkstoffen hochwertige, langlebige und/oder ästhetisch anmutende Produkte. Immer dabei im Blick: Die Oberfläche, die durch anerkannte und vielfach erprobte Techniken langes Leben garantiert. Galvanisieren, Feuerverzinken und Lackieren, Wärmebehandlung und Härtetechnik sind solche Oberflächentechniken, aber auch das Plastifizieren, Emaillieren sowie Härten und Schwabbeln zählen dazu. Feuerverzinken wird seit mehr als 150 Jahren angewandt. Aber erst in den letzten Jahrzehnten entwickelte es sich zu einem der bedeutendsten Oberflächenschutz- bzw. Korrosionsschutzverfahren. Auch die Galvanotechnik, ein technisches Verfahren zur Beschichtung von Oberflächen mit Hilfe des elektrischen Stroms, hat ihren Ursprung bereits im 18. Jahrhundert.

Mittelständisch geprägt

Die Galvano- und Oberflächentechnik stellt eine der traditionell mittelständisch geprägten Industriebranchen in Deutschland dar. Hier sind rund 800 Betriebe tätig, mit insgesamt 50.000 Beschäftigten wurde 2015 ein Umsatz von 7,5 Milliarden Euro erzielt. Die Industriekreditbank errechnet für die gesamte Oberflächentechnik einen Umsatz von rund 17,5 Milliarden Euro. Damit ist Deutschland das führende Land für Oberflächentechnik in der Europäischen Union. Wichtigste Kundengruppe ist unverändert die Automobilindustrie, die circa 40 Prozent der gesamten Leistungen in Anspruch nimmt. Weitere wichtige Abnehmergruppen sind der Maschinenbau, die Bauindustrie, die Medizintechnik sowie die Luft- und Raumfahrttechnik. Daneben beanspruchen aber auch die Elektrotechnik, die Verpackungsindustrie oder die (Tele-)Kommunikations- und Verkehrsindustrie diese Technologien. Zu den am häufigsten eingesetzten Beschichtungsmetallen gehören Zink und Zinklegierungen, auf die wertbezogen rund 40 Prozent aller galvanischen Beschichtungen entfallen, gefolgt von Kupfer-, Nickel-, Chrom-, Zinn- und Edelmetall-Oberflächen. Zunehmend werden auch Legierungen dieser Metalle eingesetzt.

Mehrwert durch Verwendung

Wie bei den galvanischen und den Verfahren des Feuerverzinkens fällt auch bei der Lackindustrie der Mehrwert, der durch die Verwendung der Produkte generiert wird, um ein Vielfaches höher aus als der Umsatz der Branche: So werden durch Beschichtungen etwa die Karosserien von 60 Millionen Autos geschützt. Auf rund 360 Millionen Quadratmetern Fassadenfläche ermöglichen Fassadenfarben individuelle Farbgestaltungen, deutschlandweit werden 120.000 Brücken vor Korrosion und Verfall bewahrt. Auch in Sachen Arbeitsplätze ist die Lackindustrie kein unwesentlicher Multiplikator. Neben den 25.000 in der Branche Beschäftigten arbeiten gut 195.000 Maler und Lackierer sowie 180.000 Beschäftigte in Schreinereien mit Beschichtungsmaterialien. Insgesamt gibt es in Deutschland etwa 250 Lack- und Farbenfabriken mit rund 25.000 Beschäftigten, die 2,6 Millionen Tonnen Lacke und Farben produzieren und damit einen Branchenumsatz von mehr als acht Milliarden Euro erzielen. Von den produzierten 2,6 Millionen Tonnen werden 1,76 Millionen Tonnen in Deutschland verarbeitet und zum großen Teil an industrielle Abnehmer verkauft. „Eine Ursache für die gute Entwicklung ist der indirekte Export, beispielsweise in der Autoindustrie oder im Maschinenbau“, erklärt Dr. Martin Engelmann, Hauptgeschäftsführer des Verbandes der deutschen Lack- und Druckfarbenindustrie. Von den 5,7 Millionen Pkw, die 2016 in Deutschland hergestellt wurden, gingen 4,4 Millionen in den Export. Die anhaltend große Beliebtheit deutscher Autos hat bei den Autoserienlacken zu einem Plus von zwei Prozent geführt und die gestiegenen Exporte bei Maschinen und Anlagen haben einen leichten Zuwachs der Verkäufe von Lacken für den Maschinenbau bewirkt.

Zukunfts-Technologien

Eine Sonderstellung unter den Industrielacken nimmt der Markt für Korrosionsschutz-Beschichtungsstoffe ein. Eisen und Stahl sind technisch hervorragende Baumaterialien, die flexible Konstruktionen für vielfältige Einsatzzwecke ermöglichen. Stahlbauwerke wie Brücken, Tragwerke und Masten, Kraftwerke, Rohrleitungen und Anlagen sind allerdings vielerlei Umwelteinflüssen ausgesetzt. „Rostfraß vernichtet weltweit pro Sekunde etwa fünf Tonnen Stahl; in Deutschland verursacht Korrosion jährlich einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von rund 90 Milliarden Euro“, erläutert Engelmann die zunehmende Relevanz von Korrosions- und Beschichtungsstoffen. Neue Entwicklungen sind auch kratzfeste Lacke für die Automobilindustrie, aber auch spezielle Lacke, die an Flugzeugteilen, dem ICE oder an Brücken Alarmsignale auslösen, wenn es zu einer Materialermüdung kommt oder mechanische Spannungen auftreten. Zu den großen Visionen, an denen die deutschen Lackforscher mit Hochdruck arbeiten, zählt die Gewinnung von Energie aus Sonnenlicht über spezielle Lackbeschichtungen an Wänden, Fassaden und auf Dächern. Oberfläche schützt auch vor Schmutz. Das Vorbild hierfür stammt aus der Natur. Die Blätter vieler Pflanzen sind wasserabweisend, besonders bei der Lotus-Pflanze kann man beobachten, wie das Wasser von der Oberfläche abperlt. Biologen der Universität Bonn entdeckten, dass diese Oberflächen nicht nur unbenetzbar, sondern auch nahezu unverschmutzbar sind, denn mit dem Wasser perlt auch der Schmutz von der Oberfläche ab. Mit Hilfe der Nanotechnologie werden hauchdünne mikroraue Oberflächenbeschichtungen auf Werkstoffe aufgetragen, die der Oberfläche von Lotusblättern nachgeahmt sind und u.a. für Fassaden eingesetzt werden.

Reinhold Häken | redaktion@regiomanager.de

Reinhold Häken
| redaktion@regiomanager.de

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