Recht & Finanzen

Unternehmenswachstum: Transformation als Chance

Ein solides Unternehmenswachstum ist nur durch Veränderungsprozesse möglich. Dies impliziert, das eigene Unternehmen immer wieder zu hinterfragen und sich flexibel auf aktuelle Entwicklungen und Neuerungen einzustellen.

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von Miriam Leschke 18.04.2024
(© ­­­Igor Link − stock.adobe.com)

Es gibt vielfältige Argumente dafür, warum ein organisches und nachhaltiges Wachstum für Unternehmen von höchster Bedeutung ist. So können Betriebe, die nicht zumindest analog zum Marktvolumen wachsen, bestenfalls stagnieren. Dadurch verlieren sie zwangsläufig Marktanteile und büßen an Wettbewerbsfähigkeit innerhalb ihrer Branche ein. Doch Unternehmenswachstum stellt sich nicht von alleine ein: es ist stets mit Veränderungsprozessen verbunden und muss aktiv initiiert sowie adäquat gesteuert werden. Nachhaltiges organisches Unternehmenswachstum kann im Grunde nur aus eigener Kraft, also aus dem Inneren einer Organisation heraus generiert werden. Die große Herausforderung liegt hierbei für Unternehmer darin, die internen Stellschrauben in ihrem Betrieb so zu justieren, dass dieser weder zu schnell noch zu langsam wächst. Bereits Anfang der 1970er-Jahre rückte neben rein quantitativen Wachstumszielen – also Kennzahlen wie Umsatz und Gewinn, Unternehmenswert oder Absatzmenge – zunehmend auch das qualitative Wachstum in den Fokus, welches unter anderem auch nachhaltige Kriterien berücksichtigt.

 

Kein Wachstum ohne Veränderung

Der 2022 verstorbene Gründer und Firmenchef der Drogeriemarktkette DM, Götz Werner, gilt als Vordenker moderner Führungsmethoden und hatte schon früh erkannt, dass erfolgreiches Unternehmenswachstum immer mit Veränderungen einher geht. „Wer sich verändert, wird stärker“, lautete seine Devise, die er mit seinem eigenen Unternehmen eindrücklich unter Beweis gestellt hatte. Das Wachstum sei dabei lediglich der äußere Ausdruck.

Doch mit dem Wachstum einer Organisation, so Werner, steige auch unwillkürlich der Komplexitätsgrad. Das Unternehmen wachse einem bildlich gesprochen über den Kopf. Um dann weiterhin den Überblick über die Organisation zu behalten, gelte es, die eigene Bewusstseinsgrenze zu erweitern. Damit meinte der bekennende Anthroposoph nichts anderes, als dass die Methode, wie das Unternehmen geführt wird, angepasst werden sollte. Götz Werner sprach sich gegen eine Mitarbeiterführung von oben nach unten aus. Vielmehr brauche es mehr Führungspersönlichkeiten im Unternehmen – also Menschen, die eigenständig erkennen, auf was es ankommt und was zu tun ist. Zu Werners Unternehmensphilosophie gehört es, seine Mitarbeiter als Unternehmer zu begreifen und ihr Bewusstsein dafür zu schärfen, im Sinne der gesamten Firma zu handeln. 

Zu den Strategien für ein gesundes, nachhaltiges Unternehmenswachstum zählen beispielsweise die Erweiterung des Geschäftsmodells, die Optimierung der Unternehmensstruktur und -kultur, die Leistungsverbesserung und Kostensenkung, die Vertriebsoptimierung sowie gezielte Marketing-Maßnahmen. Doch um auch in qualitativer Hinsicht zu wachsen, sollten zusätzlich weitere interne Stellschrauben im Bereich der Personalpolitik justiert werden. Hier wird u.a. empfohlen, personelle Kapazitäten besser zu bündeln, Verantwortung dezentral zu verteilen, die Mitarbeitenden zu motivieren bzw. den Teamgeist zu stärken und bei Bedarf auch neue Funktionen zu schaffen.

Was die Mitarbeiterführung und die Kommunikation zwischen Führungskräften und Mitarbeitenden angeht, empfiehlt Götz Werner dem Management von Unternehmen ein transparentes Handeln im Sinne eines offenen Dialogs anstelle von reinen Anordnungen neuer Prozesse, die nicht weiter erläutert werden. „Viele missverstehen Führung als Manipulation, als Druck, den man den Mitarbeitern gegenüber aufbauen müsste. So als müsste man dem Mitarbeiter zeigen, wo es lang geht und ihn dazu bringen, etwas zu tun, was er vielleicht gar nicht will. Die moderne Führungsperson soll nicht das ‚Wie‘, sondern das ‚Warum‘ und ‚Wozu‘ beantworten. Nicht Druck ist das geeignete Mittel, sondern ein positiver Sog, der die Mitarbeiter anzieht“, betonte Werner. Der zielführende Weg sei daher, die Mitarbeitenden stets mit einzubeziehen, denn das Wachstum des Unternehmens müsse von der Initiative der Menschen vor Ort getragen werden.

 

Mut zur Transformation

Dass Unternehmenswachstum Veränderungen nach sich zieht, hatte der US-amerikanische Ökonom Prof. Larry E. Greiner, emeritierter Professor für Management- und Organisationstheorie an der Harvard Business School, schon in den 1970er Jahren gezeigt. Greiners Wachstumsmodell zufolge durchlaufen Unternehmen je nach Alter und Größe sechs Lebenszyklen, die jeweils mit Wachstum beginnen und mit einer Krise enden. Der Übergang in die nächste Phase wird als Wachstumsschwelle bezeichnet. Anhand des Greinerschen Wachstumsmodells können Unternehmen erkennen, in welcher Wachstumsphase sie sich aktuell befinden, rechtzeitig die Probleme im Wachstumsprozess ausmachen und diesen mit vorbereiteten Lösungen begegnen. Zwischen den von Greiner unterschiedenen Wachstumsphasen sollte jedoch ausreichend Raum für Stabilisierungs- und Regenerationsphasen zu lassen.

In der fünften Phase – der Kooperationsphase – ist ein Unternehmen Greiners Modell zufolge so weit gewachsen, dass es zu verkrusteten, bürokratischen Strukturen kommt. Die Entwicklung von Innovationen geht dadurch dann nur schleppend voran, was vielfach Unzufriedenheit im Betrieb hervorruft. Die Unternehmen müssen daher in der Kooperationsphase neue, flexiblere Strukturen und Prozesse schaffen. Das Ziel sollte sein, die Komplexität zu verringern, damit das Unternehmen im Wettbewerb überleben und weiterwachsen kann.  Speziell in dieser Wachstumsphase ist es unerlässlich, die Voraussetzungen für eine dauerhafte Optimierung und Anpassungsfähigkeit des Unternehmens zu schaffen. Wie Götz Werner zu seinen Lebzeiten unterstrich, sei es dabei besonders wichtig, den Blick stets auf die Zukunft und nicht auf die Vergangenheit zu richten. Denn Änderungen der Verhältnisse bedürften anderer Fähigkeiten und innovativer Strategien. Es gelte, das Unternehmen konstant zu hinterfragen, es gewissermaßen immer wieder neu zu erfinden. Dazu gehöre, sämtliche Prozesse und Strukturen auf den Prüfstand zu stellen und bei Bedarf anzupassen sowie unnötige bürokratische Hürden abzubauen. „Nur ein Bürokrat handelt aus der Vergangenheit heraus“, war Werner überzeugt. „Der unternehmerisch veranlagte Mensch fängt immer neu an. Er handelt auf der Grundlage von heute und dem, was er aus der Zukunft antizipiert – gestärkt mit den Fähigkeiten, die er in der Vergangenheit entwickelt hat.“ 

 

Nachhaltig wachsen

Vom Aspekt der Nachhaltigkeit her betrachtet, wird das rein quantitative Unternehmenswachstum heute durchaus kritisch gesehen, denn nicht erst seit dem 21. Jahrhundert besteht ein Konsens darüber, dass Wachstum nicht um jeden Preis erfolgen, sondern auch umwelt- und sozialverträglich sein sollte. In diesem Kontext gewinnen Konzepte des nachhaltigen Unternehmenswachstums immer mehr an Relevanz. 

Insofern ist es für Unternehmer auch in Bezug auf die grundsätzliche Haltung und die Firmenphilosophie wichtig, das eigene Unternehmen immer wieder zu hinterfragen: Wie kann mein Unternehmen möglichst klimaneutral agieren bzw. produzieren? Wie kann das Unternehmen wachsen und dennoch ein verantwortungsvoller und attraktiver Arbeitgeber sein? Denn bei jungen Nachwuchskräften, die ja aktuell in vielen Branchen händeringend gesucht werden, steht das Thema Environmental Social Governance (ESG) stark im Fokus. Unternehmen, die in jeder Hinsicht nachhaltig wachsen möchten, sollten also nicht zuletzt mit Blick auf die Fachkräftegewinnung ausführlich prüfen, was am eigenen Geschäftsmodell bereits nachhaltig ist und was noch nicht, und dann entsprechende Kurskorrekturen vornehmen. Im Nachhinein interessant festzustellen, dass DM-Gründer Götz Werner sein Unternehmen bereits vor vielen Jahren, als vom Thema ESG noch keine Rede war, nach genau diesen Prinzipien zukunftssicher aufgestellt hat.

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Fotostrecke

DM-Gründer Prof. Götz W. Werner (© Alex Stiebritz /dm)

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