Kunststoffe sind Bestandteil des täglichen Lebens. Bauteile für Automobile und Flugzeuge, Computer, Telefone und Fernseher oder viele andere Alltagsgegenstände sind ohne Kunststoffe nicht mehr vorstellbar. Kunststoffe leisten wichtige Beiträge im Bereich der Ernährung und Hygiene der Menschen, ebenso in der modernen Medizin. Kunststoffe sind aber auch in die Kritik geraten, weil insbesondere Verpackungsmaterialien die Meere verschmutzen, als Mikroplastik im Boden auch in die Ernährungskette gelangen, den Planeten vermüllen. Trotz dieser Problematiken ist aber längst deutlich geworden, dass die meisten der aus Kunststoffen gefertigten Alltagsgegenstände unverzichtbar sind.
„Die Kunststoffverarbeitende Industrie, insbesondere der Bereich Spritzgießer, ist eine Industrie mit enormen Zukunftspotential. In der Vergangenheit ist die Branche stets doppelt so stark gewachsen wie das Bruttoinlandsprodukt. Das belegt sehr anschaulich, wie dynamisch die Branche ist. Daran wird sich in Zukunft auch nichts ändern. Kunststoff ist ein Universalwerkstoff, der in allen Lebensbereichen eingesetzt wird und auch ein enormes Potential für die Zukunft aufweist“, ist Ralf Olsen überzeugt. Der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands für Halbzeuge und Konsumprodukte aus Kunststoff (pro-K) verdeutlicht, dass es eine klar abzugrenzende Spritzgussindustrie aber nicht gibt. Unternehmen tummeln sich parallel auch in anderen Sparten der Kunststoffverarbeitung. Die Zahl der „Spritzgießer“ wird auf 1.500 Unternehmen (mit mehr als 20 Beschäftigten) geschätzt. Der Kunststoff-Verband geht davon aus, dass etwa 160.000 Beschäftigte in diesen Unternehmen tätig sind und einen Gesamtumsatz von 30 Milliarden Euro erwirtschaften.
Formteile von 0,001 Gramm bis 150 Kilogramm
Wie aber entstehen aus einem Pulver oder Polystyrol-Granulat Spritzen, Katheder, Implantate und Prothesen, ein Armaturenbrett oder Trinkbecher, Zahnbürsten oder die Verkleidung eines Küchengeräts? Das Zauberwort heißt Spritzgießen. Mithilfe des Spritzgussverfahrens werden Kunststoffe in eine Form gepresst, schon ist zumindest die äußere Hülle eines Alltagsgegenstands geboren. Die Palette der im Spritzguss herstellbaren Formteile erstreckt sich von kleinsten Zahnrädern oder Lagern bis hin zu großen Müllcontainern. Die Gewichte der Formteile liegen in der Größenordnung von 0,001 Gramm bis 150 Kilogramm. Der Mehrweggetränkekasten ist ein hervorragendes Beispiel für den nachhaltigen Einsatz von Kunststoffen. Ein Flaschenkasten ist durchschnittlich 15 Jahre im Einsatz. Zerbrochene oder unansehnliche Kästen werden beim Abfüllbetrieb aussortiert und ins Recycling gegeben –und das ganz ohne Müll. Denn Recycling bedeutet für den Getränke-Mehrwegkasten, dass dieser zunächst von einem Recycling- oder Kunststoffbetrieb zu Kunststoffgranulat eingemahlen wird. Anschließend wird dieses Granulat von einem Kastenhersteller wieder zu neuen Getränke-Mehrwegkästen verarbeitet. Auf diese Art speist sich der Mehrwegkasten immer wieder aus sich selbst und ist damit eine ressourcenschonende und
nachhaltige Verpackung.
Nachfrage steigt weiter
In der modernen Herstellungstechnik hat sich das Spritzgussverfahren einen festen Platz erarbeitet. In der Industrie sind aus Kunststoff gefertigte Produkte äußerst beliebt und die Nachfrage steigt weiter. Die Automobilindustrie profitiert von den vielseitigen Verfahrenswegen. Sie nutzt den thermoplastischen Prozess vor allem um Armaturenbretter, Griffe, Stoßstangen und Scheinwerferabdeckungen herzustellen. Aber auch bei der Verglasung, Beleuchtung, Karosserie, Klimatisierung, im Motorraum und bei den Sicherheits- und Bedienelementen hat sich der Spritzguss durchgesetzt. Außerdem lässt sich die Ausgestaltung von Gravuren, Farbeffekten und Mustern optimal realisieren, um
Produkte nach Bedarf zu gestalten.
Auch die Verpackungsindustrie stellt mit dem Verfahren Behälter, Paletten und Verschlüsse her. In den meisten medizinischen Branchen werden Diagnostika und technische Geräte produziert. Die Elektronik und Telekommunikation profitiert von der Fabrikation von Autoelektronik, Displays, Computerelektronik, Funktionsoberflächen, Steckverbindern, Sensoren und Unterhaltungselektronik. Aufgrund der präzisen Anfertigung – auch bei kleinen Einzelteilen – konnten die diversen Geräte im Lauf der Zeit immer handlicher und
leistungsfähiger werden.
„Möglichkeiten nicht ausgeschöpft“
Ralf Olsen unterstreicht die Entwicklung: „Es gibt jede Menge Erfolge und man kann unglaublich viele Dinge mit dem Spritzguss auf höchster, präziser Ebene herstellen. Die Möglichkeiten sind noch nicht abgeschlossen und ausgeschöpft“, ist er überzeugt. Als besondere Herausforderungen der Branche sieht er die Digitalisierung, den Fachkräftemangel, die weltweite Wirtschaftsentwicklung, aber auch Themen wie Elektromobilität sowie die Vorgaben der sogenannten „Circular Economy“ mit dem Stichwort Recycling.Reinhold Häken
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