REGIO MANAGER: Welche kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) kommen für Fördermittel – also Gelder öffentlicher Stellen – überhaupt in Frage?
Christel Spielmann: Gerade für KMU existieren die unterschiedlichsten Förderprogramme. Streng zu beachten ist allerdings immer, ob das eigene Unternehmen in die KMU-Definition fällt – also: Unternehmen unter 250 Mitarbeitern mit einem Jahresumsatz bis zu 50 Millionen Euro oder einer Bilanzsumme bis zu 43 Millionen Euro. Bedingung ist außerdem die wirtschaftliche und rechtliche Unabhängigkeit.
RM: Gibt es auch Förderprogramme für Einzelunternehmer?
Christel Spielmann: Kein Problem etwa bei einem Darlehn von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) – dem wichtigsten Geldgeber von Förderkrediten. Im großen Bereich der Innovationsförderung sehen es die Bewilligungsstellen aber gern, wenn man eine eigenständige Rechtsform fürs Unternehmen hat. Vermutlich denken sich die Leute in den Bewilligungsstellen, dass sie im Insolvenzfall von der GmbH schneller etwas zurückbekommen.
RM: Welche Arten von Fördermitteln gibt es?
Christel Spielmann: Neben Zuschüssen – sie brauchen nicht zurückgezahlt werden – gibt es Darlehen, Förderkredite, öffentliche Bürgschaften, Förderprogramme für Risikokapitalgesellschaften, damit sie mehr Beteiligungskapital vergeben können, sowie Garantien für den Außenhandel.
RM: Wie informiert man sich am besten über das passende Förderprogramm?
Christel Spielmann: Da Fördermittel als politische Steuerungsinstrumente kommen und gehen, ändert sich hier ständig etwas. Die Website foerderdatenbank.de des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) bietet die aktuellste Übersicht. Sie bietet umfangreiche Suchfunktionen und Extra-Informationen. Man kann nach Bundesländern suchen und nach Förderberechtigten, also etwa „Existenzgründer“, „Unternehmen“, „Privatperson“, „Bildungseinrichtung“ oder „Verband/Vereinigung“. Weiter wird dort unterschieden nach Förderarten und nach Förderbereichen, etwa: „Existenzgründung und -festigung“, „Unternehmensfinanzierung“, „Außenwirtschaft“, „Energieeffizienz und erneuerbare Energien“, „Forschung und Innovation“, „Messen und Ausstellungen“ oder „Landwirtschaft“. Außerdem gibt es dort ein Glossar, Antworten auf häufig gestellte Fragen, „Förderwissen“ und manches mehr. Findet man hier nichts, sollte man sich überlegen, welches Ministerium im Bund oder Land für mein Anliegen zuständig wäre und dort auf der Website suchen.
RM: An welche Fördermittel kommt man am einfachsten heran?
Christel Spielmann: An die sogenannten „Softies“. Beratungsförderung oder Messeförderung, denn daran werden nicht ganz so strenge Maßstäbe angelegt. Was nicht bedeutet, dass die Beantragung wenig Arbeit kostet.
RM: In welchen Fällen ist ein Förderantrag wenig sinnvoll?
Christel Spielmann: Es ist nicht so sinnvoll, irgendein Vorhaben für 10.000 Euro fördern zu lassen – da stehen Aufwand und Nutzen nicht im richtigen Verhältnis zueinander.
RM: Welche Arten von Förderprogrammen halten Sie für gelungen?
Christel Spielmann: Es gibt ein Programm namens „Innovationsassistenz“, das gern von mittelständischen Unternehmen in Anspruch genommen wird. Da geht es darum, jemanden frisch von der Hochschule oder Fachhochschule einzustellen. Sie bekommen für ein Jahr, in manchen Bundesländern sogar für zwei Jahre, einen Personalkostenzuschuss.
RM: Welche Fehler gilt es, beim Fördermittelantrag zu vermeiden?
Christel Spielmann: Man sollte grundsätzlich das Vokabular der Bewilligungsstelle selbst aufgreifen und auch nutzen, damit die sich sofort im Förderantrag wiedererkennt. Das ist für die sozusagen heimischer Jargon. Dann geht so ein Antrag leichter durch. Und er muss in sich konsistent sein. Wenn ich vorne sage, für einen bestimmten Entwicklungsschritt brauche ich zwei Monate, und setze in der Vorkalkulation, die ich ja auch mit einreichen muss, drei oder vier oder auch nur einen an, stimmt das Ganze nicht.
RM: In welchem Stadium eines Projekts sollte man sich um Förderung bemühen?
Christel Spielmann: Bei Förderprogrammen muss man in der Regel vor Beginn eines Projekts die Förderung beantragen, also nicht vor Antragstellung Kosten verursachen. Sofern ich bereits einige Vorarbeiten geleistet habe, sollte ich mir überlegen, die noch folgenden Schritte als eigenständiges Förderprojekt zu deklarieren.
RM: Was ist besser: den Antrag selbst stellen oder einen Berater ins Boot holen?
Christel Spielmann: Ein guter Berater begleitet Sie durch alle Phasen eines Förderprojektes hindurch: Recherche nach geeigneten Programmen, Beantragung und später auch bei der Abrechnung gegenüber den Bewilligungsstellen. Bei kleineren Programmen kriegen Sie die Antragstellung zwar auch alleine hin. Viele Unternehmer empfinden es allerdings als lästig. Und was die Abrechnung gegenüber Bewilligungsstellen angeht: Da gibt es viele Fallstricke, an die Unternehmen oft nicht denken. Die kann man aber im Vorfeld ausräumen. Daher ist es sinnvoll, das gesamte Fördermittelgeschehen an einen Berater auszulagern.
RM: Kommt es vor, dass Antragsteller es bereuen, Fördermittel beantragt zu haben?
Christel Spielmann: Mitunter studieren Empfänger der Förderung den Bewilligungsbescheid nicht richtig und sind sich nicht im Klaren, dass sie einen Vertrag mit entsprechenden Verpflichtungen eingegangen sind. Das Förderprojekt muss wie beantragt durchgeführt und darüber ein Nachweis erbracht werden. Wenn sich unvorhergesehene Schwierigkeiten auftun, sollte man sofort mit der Bewilligungsstelle Kontakt aufnehmen. Dann hat man kein Problem. Und ganz wichtig: Dann kann man auch bereits ausgezahlte Fördergelder behalten!
RM: Gibt es die Möglichkeit, Geld nachschießen zu lassen?
Christel Spielmann: Eine Verlängerung geht so ziemlich immer durch. Meist wird es dadurch nicht teurer; es wird nur anders gestreckt. Will man einen Nachschuss oder zusätzliche Mittel, muss man einen Ergänzungsantrag stellen. Auch hier ist die Kommunikation mit der Bewilligungsstelle wichtig. Es sind Fälle bekannt, da kommt die Bewilligungsstelle von sich aus auf ihre „guten“ Kunden zu und sagt: Wir haben noch Geld im Topf. Braucht ihr noch ein bisschen? Ein Telefonat mit Bewilligungsstellen kann auch viel früher nutzen: Manchmal ist ein Förderprogramm gerade ausgelaufen, aber die Bewilligungsstelle kann einem verraten, ob und wann es neu aufgelegt wird.
RM: Lohnen sich beim gegenwärtigen Niedrigzins überhaupt Förderkredite etwa von der KfW?
Christel Spielmann: Mehr denn je! Der vorgeblich günstige Zinssatz ist dabei noch das unwichtigste Argument. Wichtiger sind die Haftungsfreistellung, tilgungsfreie Anlaufjahre und der Schutz vor Bail-in-Maßnahmen – zumindest nach derzeitiger Rechtslage. Bei einem Bankenzusammenbruch können inzwischen auch die Gläubiger herangezogen werden. Der Bail-in – die Gläubigerbeteiligung – bedeutet: Gerät eine Bank in Schieflage, könnten die Kredite sofort fällig gestellt werden, um die Bank zu rekapitalisieren. Ein KfW-Kredit dagegen wird letztendlich an die KfW zurückgezahlt – die Mittel verbleiben also nicht bei der Hausbank, über die ein KfW-Kredit beantragt wird. Vor der Finanzkrise stellten Fördermittel eine Ergänzung zu einer Bankfinanzierung dar – im heutigen Umfeld sollte man, wo immer möglich, Fördermittel als Ersatz für eine Bankfinanzierung betrachten. Claas Möller | redaktion@regiomanager.de
Teilen: