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Wer braucht schon die Pferdesteuer?

Die sogenannten Bagatellsteuern sind ein ärgerliches Phänomen, finden die Experten Katharina te Heesen und Damian Fichte. Sie haben eine ausgezeichnete Steuervereinfachungsidee formuliert.

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von Regiomanager 01.02.2016

Ein gewisser humoristischer Aspekt lässt sich beim Thema Bagatellsteuern nicht leugnen. Beispiel eins: Als Lustkiller erwies sich die von der Stadt Bonn erhobene Sexsteuer. Wie an einem Parkscheinautomaten müssen die Damen des leichten Gewerbes täglich ein Ticket ziehen, um ihrer Steuerpflicht nachzukommen – sechs Euro sind jeweils fällig. Doch offenbar nicht jeder Freier war über die Neuheit informiert. So lag ein Mann völlig falsch, als er das von ihm gezogene Ticket als Gutschein für Liebesdienste interpretierte. Während es beim ersten Versuch noch bei Beschimpfungen blieb, verpasste ihm die zweite Dame eine Ohrfeige. Die Folge: Der Gedemütigte stellte einen Erstattungsantrag an die Stadt Bonn. Beispiel zwei kommt ebenfalls aus dem Rheinland: Wer abends in Köln ausgehen möchte, muss sich vor allem am Wochenende auf Wartezeiten einstellen. Die Schlangen vor Diskos und Clubs sind unter Nachtschwärmern gefürchtet. Die Stadt Köln sah in diesen Zuständen eine Geldquelle und erwog allen Ernstes die Einführung einer „Warteschlangensteuer“ – zahlbar durch die Veranstalter. Schließlich würde beim Anstehen ja öffentlicher Raum genutzt. Es hagelte Kritik, die Stadt Köln nahm daraufhin von ihrem Plan Abstand. Kuriositäten des deutschen Bürokratiealltags, sicherlich. Doch Katharina te Heesen (Bund der Steuerzahler NRW) und Damian Fichte (Deutsches Steuerzahlerinstitut) haben die Beispiele nicht ausschließlich zur Belustigung ihrer Leserschaft gewählt. Für sie hat die Sache einen ernsten – weil ärgerlichen – Hintergrund. Ihre Meinung: In Deutschland gibt es zu viele kleinere Steuern, die Verbraucher und Wirtschaft unnötig belasten. Die Rechtsanwältin und der diplomierte Volks- und Betriebswirt haben gemeinsam eine Steuervereinfachungsidee formuliert, die im vergangenen Jahr öffentlich ausgezeichnet wurde. Ziel des offenen steuerpolitischen Ideenwettbewerb des Instituts Finanzen und Steuern war es, neue Vorschläge zu präsentieren, die drängende Probleme der Steuerpraxis überwinden sollen und zur Sicherung der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit für den deutschen Standort beitragen. „Unser Beitrag soll ein Anstoß für eine politische Debatte sein“, sagt Damian Fichte.

21 Bagatellsteuern
gibt es derzeit

Das ist die Ausgangssituation: In Deutschland gibt es derzeit 21 sogenannte Bagatellsteuern auf Bundes- und Länderebene sowie in Kommunen. Mit dem Auslaufen der befristeten Kernbrennstoffsteuer Ende dieses Jahres werden es 2017 immerhin noch 20 sein – und damit 20 zu viel, wie das Steuerexperten-Duo meint. Sie bildeten dann immer noch die Hälfte aller Steuerarten insgesamt. „Wie der Name schon sagt, bezeichnet der Begriff Steuern, deren Aufkommen im Vergleich zum Gesamtsteueraufkommen sehr gering ist“, erklärt Damian Fichte. 2014 kamen durch Bagatellsteuern sechs Milliarden Euro zusammen. Was auf den ersten Blick beachtlich scheint, erfährt durch das gesamte Steueraufkommen von rund 644 Milliarden Euro eine deutliche Relativierung. Anders ausgedrückt: Sämtliche Bagatellsteuern erbrachten im Jahr 2014 weniger als ein Prozent des gesamten Steueraufkommens. Kein Wunder: Während die bundesweit erhobene Kaffeesteuer es vor zwei Jahren immerhin noch auf etwas mehr als eine Milliarde Euro brachte, kamen durch die Sportwettsteuer der Länder nur 226 Millionen Euro zusammen. Schlusslicht war die lediglich in einigen Kommunen erhobene Pferdesteuer. Hier lagen die Einnahmen bei unter einer Million Euro. Doch geringe Einnahmen sind nicht gleichbedeutend mit geringen Auswirkungen. Es sei ein Trugschluss, dass die Zahl der Betroffenen gering sei, so die Autoren der Schrift „Vereinfachung des Steuerrechts durch Abbau und Begrenzung der Bagatellsteuern“. Tatsächlich werde fast jeder Bürger mit Bagatellsteuern belastet. „So sind die meisten Bagatellsteuern zwar von Unternehmen zu entrichten – Steuerschuldner ist somit nicht der einzelne Bürger, sondern ein Unternehmen. Damit wird der Anschein erweckt, dass nur wenige Adressaten die Steuern zahlen. Allerdings überwälzen die belasteten Unternehmen die Steuer in der Regel auf den Verbraucher.“ Der Steuerträger sei damit nicht hauptsächlich der Betreiber des Kernkraftwerks, die Fluggesellschaft, der Kaffee- und Bierhersteller, der Vermieter sowie Kinobesitzer, Tanz- oder sonstige Veranstalter. „Steuerträger sind vielmehr die Stromzahler (Kernbrennstoffsteuer), Flugpassagiere (Luftverkehrsteuer), Kaffee- und Bierkonsumenten (Kaffee- und Biersteuer), Mieter (Zweitwohnungsteuer), Besucher von Kinos oder Tanzveranstaltungen (Vergnügungsteuer) sowie Besucher sonstiger Veranstaltungen.“

Viel Bürokratie, hohe Kosten

Im Fokus der Kritik steht der hohe Bürokratieaufwand, der wiederum mit hohen Kosten verbunden ist – auch wenn konkrete Zahlen dafür fehlen. Doch auch fiskalischen Laien drängt sich der Eindruck auf, dass Kosten und Nutzen nicht unbedingt in einem günstigen Verhältnis zueinander stehen. „Ganz absurd ist in diesem Zusammenhang die Betten- beziehungsweise Übernachtungssteuer“, sagt Katharina te Heesen. Sie könne nur durch einen Nachweis vermieden werden, dass man beruflich unterwegs sei und das Hotel im Rahmen einer Geschäftsreise nutze. Also reichlich Papierkram und reichlich Möglichkeiten für juristische Streitigkeiten. Und das alles für 53 Millionen Euro (2014). „Zieht man die volkswirtschaftlichen Kosten vom Steueraufkommen ab, dürfte nicht viel übrig bleiben“, ist sich die Steuerexpertin sicher. Bei einem weiteren Beispiel, der Steuer auf bestimmte Mischgetränke mit Alkohol („Alkopops“), sei es zwar zu einem drastischen Rückgang des Absatzes gekommen. „Aber ob damit das politisch gewollte Ziel erreicht wurde, dass Jugendliche weniger Alkohol trinken, ist zumindest fraglich“, so te Heesen. Die Ist-Situation ist also unbefriedigend. Aber was ist zu tun? „Unser Vorschlag: Am besten wäre es, die Steuern ersatzlos abzuschaffen. Zumindest sollten sie aber hinsichtlich ihrer Effizienz überprüft werden.“ Kurzfristig, so te Heesen und Fichte, sollten die drei Bundessteuern wegfallen – Kaffee und Flüge würden dadurch preiswerter. „Das wäre durch die steigenden Steuereinnahmen leicht aufzufangen.“ Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

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