Management

Unternehmenspraxis (Ausgabe 02/2021)

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von Regiomanager 12.08.2021
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KONJUNKTUR

Strafzölle treffen Familienunternehmen

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der US-Strafzölle sind in Deutschland immer stärker zu spüren. Die seit 2019 geltenden US-Strafzölle wegen Airbus-Subventionen führten in den betroffenen Branchen außerhalb der Flugzeugindustrie zu einem Exporteinbruch um 40 Prozent. Dies geht aus einer Studie der Stiftung Familienunternehmen hervor, die IfW-Kiel-Präsident Professor Dr. Gabriel Felbermayr verfasst hat. Die Strafzölle treffen demnach nicht nur die Flugzeugindustrie, sondern auch europäische Familienunternehmen. Am zweitstärksten betroffen sind die Hersteller alkoholischer Getränke (z.B. Spirituosen- und Weinhersteller). Auch Süßwarenhersteller und der Werkzeugbau geraten in Mitleidenschaft. Zurzeit sind die wegen der Flugzeugsubventionen verhängten Sonderzölle ausgesetzt. „Die Untersuchung belegt klar, dass durch die Strafzölle beide Seiten verlieren“, sagte Stiftungsvorstand Professor Rainer Kirchdörfer. „Auch die von der EU verhängten Gegenzölle gegen die USA wirken sich negativ auf europäische Familienunternehmen aus. Dadurch werden die Vorprodukte aus den USA teurer“, so Professor Kirchdörfer. Dies zeige, dass ein Zollabkommen in beiderseitigem Interesse sei. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass sich die USA und die EU immer stärker abschotten. „Die Zahl der protektionistischen Maßnahmen, die sich auf Deutschland auswirken, hat seit 2017 stark zugenommen“, heißt es. Dabei greifen die USA häufiger zu protektionistischen Maßnahmen als Deutschland. Die Vereinigten Staaten verhängten seit 2017 insgesamt 1.054-mal Handelsbarrieren mit Folgen für Deutschland. Gegen die USA traten aus deutscher Perspektive 478 protektionistische Maßnahmen in Kraft. In den Zahlen spiegeln sich die Handelsbeschränkungen des früheren US-Präsidenten Trump sowie die Gegenmaßnahmen der EU wider.

Studie sieht Insolvenz-Rückstau

Die im Zuge der Corona-Pandemie bereitgestellten staatlichen Hilfen haben in vielen Fällen Unternehmen begünstigt, die auch ohne den Lockdown in eine existenzielle Krise geraten wären. Auf diese Weise hat sich ein Rückstau bei den Insolvenzen in Höhe von etwa 25.000 überwiegend kleinen Betrieben gebildet. Zu diesem Ergebnis kommen der Verband der Vereine Creditreform und das Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in einer gemeinsamen Untersuchung. „Die undifferenzierte Verteilung der Hilfsgelder und die fehlenden Öffnungsperspektiven werden in Verbindung mit dem andauernden Insolvenzmoratorium ab der zweiten Jahreshälfte 2021 einen signifikanten Anstieg der Unternehmensinsolvenzen zur Folge haben“, sagt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter Wirtschaftsforschung bei Creditreform. Grundlage der Studie sind die Bonitätsdaten von etwa 1,5 Millionen Unternehmen. Die Autoren haben Zahlungsfähigkeit und Kreditwürdigkeit im Vorkrisenzeitraum Juli 2017 bis Dezember 2019 mit dem Corona-Krisenzeitraum April 2020 bis einschließlich Juli 2020 verglichen. „Dabei zeigte sich, dass insbesondere kleine, finanziell schwache Unternehmen, die unter normalen wirtschaftlichen Umständen mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Insolvenz gegangen wären, ohne Perspektive auf eine erfolgreiche Sanierung durch staatliche Hilfen am Leben gehalten wurden“, sagt Dr. Simona Christine Murmann, eine der Autorinnen der Studie. Die Folge war, dass in den besonders von der Krise betroffenen Branchen wie der Gastronomie weniger als halb so viele Betriebe Insolvenz anmeldeten, als auf Basis der Vorjahre zu erwarten gewesen wäre. Bei Unternehmen, die vor der Krise eine gute Bonität aufwiesen, ist der Studie zufolge kein Rückstau bei den Insolvenzen festzustellen.

Frühjahrsgutachten: Normalauslastung 2022

In ihrem Frühjahrsgutachten prognostizieren die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes um 3,7 Prozent im laufenden Jahr und um 3,9 Prozent im Jahr 2022. Der erneute Shutdown verzögert die wirtschaftliche Erholung, aber sobald die Infektionsgefahren vor allem durch das Impfen gebannt sein werden, werde eine kräftige Erholung einsetzen. Etwa zu Beginn des kommenden Jahres dürfte die Wirtschaft zur Normalauslastung zurückkehren. „Aufgrund des anhaltenden Shutdowns dürfte die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal um 1,8 Prozent gesunken sein“, sagte Professor Dr. Torsten Schmidt, Konjunkturchef des RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung. Die neue Infektionswelle und die damit verbundenen Eindämmungsmaßnahmen führen zu einer Abwärtsrevision der Prognose für das Jahr 2021 um 1 Prozentpunkt im Vergleich zum Herbstgutachten 2020. In ihrer Prognose gehen die Institute davon aus, dass der derzeitige Shutdown zunächst fortgesetzt wird und dabei auch die zuletzt erfolgten Lockerungen wieder weitgehend zurückgenommen werden. Erneute Lockerungsschritte werden erst ab Mitte des zweiten Quartals erwartet, eine Aufhebung der Beschränkungen dann bis zum Ende des dritten Quartals. „Im Zuge der Lockerungen erwarten wir für das Sommerhalbjahr eine kräftige Ausweitung der Wirtschaftsaktivität, vor allem bei den von der Pandemie besonders betroffenen Dienstleistungsbereichen“, so Professor Schmidt. Angesichts der zu erwartenden Lockerungen dürfte auch die Erholung der Erwerbstätigkeit im Sommerhalbjahr an Fahrt gewinnen. Im Jahresdurchschnitt ist für das Jahr 2021 ein Anstieg der Erwerbstätigkeit um 26.000 Personen zu erwarten. Im kommenden Jahr dürfte der Anstieg 539.000 Personen betragen, wobei das Vorkrisenniveau im ersten Halbjahr erreicht wird. Im Zuge der Lockerungen der Infektionsschutzmaßnahmen ab Mai wird auch die Zahl der Arbeitslosen verstärkt zurückgehen.

Gutachten zeigt Abschottungs-Risiken

Ein Gutachten des IfW Kiel im Auftrag der IMPULS-Stiftung des VDMA zeigt: Deutschlands Wohlstand wird entscheidend von der internationalen Arbeitsteilung getragen. Erschwert Deutschland in Reaktion auf die Corona-Krise die Kooperation mit ausländischen Lieferanten, etwa um Lieferketten durch das Zurückholen von Wertschöpfungsschritten aus dem Ausland vermeintlich widerstandsfähiger zu machen, hat das laut IfW „massive Nachteile“ für alle Beteiligten. „Die Corona-Krise hat die Verwundbarkeit internationaler Lieferketten gezeigt. Daraus den Schluss zu ziehen, Produktion wieder zurück in die Heimatländer zu holen, ist extrem teuer und daher der falsche Weg“, sagt IfW-Präsident Gabriel Felbermayr. „Zielführender wäre es, die Widerstandsfähigkeit der Wirtschaft beispielsweise durch stärkere Diversifizierung im Hinblick auf Zulieferer, vermehrte Lagerhaltung oder auch den erweiterten Einsatz von Recycling zu verbessern. Ein sehr restriktives Sorgfaltspflichtengesetz wäre da eher kontraproduktiv.“ Für das Gutachten haben die Wissenschaftler ein Szenario durchgespielt, in dem sich die EU durch den Einsatz sogenannter nicht tarifärer Handelshemmnisse – also durch Vorschriften oder Produktionsnormen, die ausländischen Zulieferern den Marktzugang erschweren – stärker abschottet, um damit eine Rückverlagerung ausländischer Wertschöpfungsschritte zu erreichen. Berechnungsgrundlage ist die Annahme, dass Deutschland bzw. die EU diese Hürden verdoppelt. Eine solche Abschottung würde den Berechnungen zufolge in Deutschland zu einem Rückgang des Realeinkommens um jährlich 3,3 Prozent führen. Gemessen am deutschen Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2019 läge das Einkommen somit um 114 Milliarden Euro tiefer. Kommt es, so ein weiterführendes Szenario, zu einem Handelskrieg und das Ausland reagiert erwartungsgemäß mit Vergeltungsmaßnahmen, sinkt das Einkommen sogar um 6,9 Prozent.

DIGITALISIERUNG

Neues KI-Kompetenz­­zentrum geplant

Damit künstliche Intelligenz (KI) die menschliche Arbeit in der Metropole Ruhr künftig noch besser unterstützen kann, startet im April 2021 ein neues Verbundprojekt. Forscherinnen und Forscher erarbeiten darin gemeinsam mit Partnern aus Industrie und Transfer Methoden, um die KI-Entwicklung konkret an den Fähigkeiten und Bedarfen der Nutzerinnen und Nutzer auszurichten. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das Vorhaben mit dem Titel „Kompetenzzentrum HUMAINE – Transfer-Hub der Metropole Ruhr für die humanzentrierte Arbeit mit KI“ mit rund acht Millionen Euro für zunächst vier Jahre. Die Ruhr-Universität Bochum koordiniert das Vorhaben, an dem aus der Wissenschaft außerdem das Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen und die Bochumer Hochschule für Gesundheit beteiligt sind. Das Projekt bringt Forscherinnen und Forscher aus der Arbeitswissenschaft, der Neuroinformatik, der Ingenieurwissenschaft, Psychologie und Sozialwissenschaft mit Akteuren aus diversen mittelständischen Unternehmen sowie Transferspezialisten im Ruhrgebiet zusammen. Ihr Ziel ist es, Methoden für die Entwicklung künstlicher Intelligenz zu erarbeiten, mit denen die Algorithmen künftig für verschiedene Anwendungsfelder in der Industrie, der Gesundheitswirtschaft und dem Versicherungswesen maßgeschneidert werden können.

„XUnternehmen“ für neue Kommunikation

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hat das Kerndatenmodell für das neue Standardisierungsverfahren „XUnternehmen“ veröffentlicht. „XUnternehmen“ schafft eine einheitliche Grundlage für eine digitale, medienbruchfreie Kommunikation zwischen Wirtschaft und Verwaltung. Wirtschaftsbezogene Verwaltungsleistungen werden so künftig ohne umständliches Beschaffen von Papiernachweisen (z.B. Registerauszüge) möglich. Das Kerndatenmodell definiert seit dem 1. April 2021 einen allgemeinen Datenstandard für Verfahren der Wirtschaftsverwaltung, etwa bei Förderanträgen oder Genehmigungsverfahren. Damit können Stammdaten wie die Rechtsform und die Art der Tätigkeit von Unternehmen standardisiert dargestellt werden. Auch unterschiedliche Rollen der Beteiligten – Gesellschafter, gesetzlicher Vertreter oder Antragsteller – können in Antragsverfahren automatisch berücksichtigt werden. Damit bildet „XUnternehmen“ die Grundlage für die Entwicklung nutzerfreundlicher, wirtschaftsbezogener Onlinedienste und die Vernetzung mit Registern, die Unternehmensdaten enthalten. Der Standard wird auf Beschluss der Wirtschaftsministerkonferenz entwickelt. Er schafft einheitliche Vorgaben für wirtschaftsbezogene Verwaltungsleistungen im Rahmen des Onlinezugangsgesetzes. Das Onlinezugangsgesetz verpflichtet Bund, Länder und Kommunen, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten.

Dateninfrastrukturen im Rheinischen Revier

Das NRW-Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat eine Studie zu Voraussetzungen und Potenzialen zur Errichtung von Dateninfrastrukturen im Rheinischen Revier beauftragt. Die Verfasser kommen zu dem Schluss, dass das Rheinische Revier über großes Potenzial verfügt. Konkret wurde in der Machbarkeitsstudie das Potenzial für die folgenden drei Dateninfrastruktur-Elemente untersucht: Datenspeicherung in einem „Hyperscale-Rechenzentrum“, einer Cloud mit großen Serverkapazitäten. Dort können große Datenmengen lokal gespeichert werden. Dann Datenverteilung über ein „Datendrehkreuz“, das im Hyperscale-Rechenzentrum verortet ist (in der Funktion vergleichbar mit einem Internetknoten). Schließlich Datennutzung in einem „Digitalpark“, einer Gewerbefläche in der Nähe von Hyperscale-Rechenzentrum und Datendrehkreuz, auf der sich Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen ansiedeln können, die von schnellen Übertragungsgeschwindigkeiten profitieren. Das Rheinische Revier liegt laut Düsseldorf geostrategisch ideal an der Kreuzung bedeutender überregionaler Datentrassen und wird als europäische Modellregion für Energieversorgungssicherheit auch nach dem Ausstieg aus der Braunkohleverstromung eine hohe Stromversorgungsicherheit bieten. Dabei komme dem Ausbau der regenerativen Energien eine wichtige Rolle zu. Das mache die Region für internationale Investoren interessant.

PERSONAL & KARRIERE

Einbruch bei dualer Ausbildung

Im Jahr 2020 haben rund 465.200 Personen in Deutschland einen neuen Ausbildungsvertrag in der dualen Berufsausbildung abgeschlossen. Nach vorläufigen Ergebnissen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) waren das 9,4 Prozent weniger neue Ausbildungsverträge als 2019. Dieses Ergebnis zeigt damit einen deutlichen Effekt der Corona-Krise auf den Ausbildungsmarkt. Zwar sind die Ausbildungszahlen seit Jahren tendenziell rückläufig. Der aktuelle Einbruch ist in seiner Höhe aber bislang einzigartig. Bei den Frauen ging die Zahl der Neuverträge in der dualen Ausbildung um 19.100 (–10,2 %) auf 168.300 zurück, bei den Männern sank die Zahl um 29.000 (–8,9 %) auf 297.000 Neuabschlüsse. Damit wurden 2020 gut ein Drittel (36,2 %) aller neuen Verträge von Frauen und knapp zwei Drittel (63,8 %) von Männern abgeschlossen. Einen leichten Zuwachs um 500 Verträge (+3,6 %) gab es im Jahr 2020 nur in der Landwirtschaft. In allen übrigen Ausbildungsbereichen sank die Zahl der neu abgeschlossenen Verträge, so z.B. im Bereich Industrie und Handel um 35.900 (–11,9 %) und im Handwerk um 9.100 (–6,6 %). Gerade im Handel sind viele der besonders durch die Corona-Krise betroffenen Berufsgruppen angesiedelt. 
Daniel Boss | redaktion@regiomanager.de

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