Mobilität & Logistik

Serie – Industrieversicherungen: Transportversicherung und Incoterms®: Käufer vs. Verkäufer – Vorsicht! Zerbrechlich!

Ist die Ware erst beschädigt, ist es zu spät, sich Gedanken über die Gefahrtragung zu machen.

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von Regiomanager 01.03.2017
(Foto: Shutterstock)

Wenn Sie im internationalen Frachtverkehr Waren versenden oder erhalten, werden Sie sich meist an den internationalen Handelsklauseln, den Incoterms®, orientieren, um die Lieferbedingungen und damit auch die Gefahrtragung bei eventuellen Transportschäden bereits bei Abschluss des Kaufvertrages klar zu regeln. Dort, aber auch im nationalen Warenverkehr, gibt es oft Missverständnisse, denen sich zahlreiche Unternehmer nicht vollumfänglich bewusst sind. Der vorliegende Artikel erläutert diese Fragen und betrachtet die verschiedenen Möglichkeiten der Transportversicherung. Im Zusammenhang mit einer Transportversicherung verdienen die Klauseln CIF und CIP der Incoterms® 2010 eine besondere Beachtung (Für eine genauere Erläuterung der Incoterms® siehe Kasten). Bei den anderen Klauseln sind Verkäufer und Käufer selber für den Teil der Reise verantwortlich, für den sie die Gefahr tragen. Sie können eine Transportversicherung abschließen, sind aber nicht dazu verpflichtet, wenn sie das Risiko selber tragen wollen. Bei den Klauseln mit dem „I“ im Namen ist aber der Verkäufer verpflichtet, zugunsten des Käufers eine Transportversicherung bis zum Ablieferort abzuschließen. Dies hat verschiedene Vor- und Nacheile für die Parteien, von denen einige nachfolgend kurz dargestellt werden sollen:

 

  • Grundsätzlich ist ein durchgehender Versicherungsschutz auch bei Transporten sinnvoll, die eine „gebrochene Gefahrtragung“ (Gefahrenübergang während des Reiseverlaufes) beinhalten. Im Schadenfall entfällt die Frage, ob der Schaden vor oder nach dem Gefahrenübergang eingetreten ist.

 

  • Der Deckungsumfang muss mindestens der Klausel „C“ der Institute Cargo Clauses entsprechen. Hierbei handelt es sich um einen sehr eingeschränkten Deckungsumfang in den Transportversicherungsbedingungen des englischen Marktes. Abgedeckt sind im Wesentlichen lediglich die ausdrücklich benannten Gefahren Feuer, Explosion, Strandung, Kollision oder Untergang eines Seeschiffes, Transportmittelunfall und Havarie Grosse. Beschädigungen oder Verluste der Ware aus anderen Ursachen sind nicht mitversichert. Selbstverständlich kann aber im Kaufvertrag auch ein weitergehender Versicherungsschutz vereinbart werden.

 

  • Auf Verlangen des Käufers muss der Verkäufer eine Versicherungspolice oder einen anderen Nachweis für den Versicherungsschutz bereitstellen. Hier hat sich in vielen Jahrzehnten das „Versicherungszertifikat“ bewährt, das dem Käufer den tatsächlichen Deckungsumfang und einen Direktanspruch gegenüber dem Versicherer gewährleistet. In der Praxis werden diese Dokumente meist jedoch nur noch im Akkreditivgeschäft verlangt, da hier die bevorschussende Bank sehr genaue Vorgaben hinsichtlich des Versicherungsschutzes macht.

 

  • Der Käufer hat keine Auswahl des Versicherers. Es sind durchaus Unterschiede im Regulierungsverhalten festzustellen, insbesondere, wenn bei Importschäden die Bearbeitung nicht durch einen deutschen „Settling Agent“ einer ausländischen Gesellschaft erfolgt, sondern die Verhandlungen mit dem Versicherer direkt in Übersee erfolgen müssen. Grundsätzlich ist es immer empfehlenswert, den Versicherungsschutz für die eigenen Risiken auch in den eigenen Händen zu verwalten.

 

  • Einige Länder beschränken den Warenverkehr dahingehend, dass sie es beispielsweise nicht erlauben, Güter auf CIF-/CIP-Basis zu importieren.

 

  • Bei Transporten in Länder, die unter ein Embargo fallen, darf die Klausel CIF/CIP nicht vereinbart werden, wenn hierdurch gegen Sanktionsbestimmungen verstoßen wird. Es kann vorkommen, dass zwar eine Lieferung in das Land erlaubt ist, die Bereitstellung von Versicherungsschutz jedoch gegen die entsprechenden Gesetze verstößt und sie somit nicht versichert ist.

 

Frei Haus

Neben den Lieferbedingungen der Incoterms®, die vorwiegend im internationalen Handelsverkehr zur Anwendung kommen, soll nachfolgend ein kurzer Blick auf die in Deutschland übliche Lieferkondition „Frei Haus“ geworfen werden. Diese Klausel ist in keinem Gesetz oder an anderer Stelle offiziell und rechtswirksam definiert. Vielmehr muss sie anhand des BGB hergeleitet werden: Nach § 447 BGB geht die Gefahr mit Übergabe an den Verkehrsträger auf den Käufer über, wenn der Verkäufer die Ware auf Verlangen des Käufers an einen anderen Ort als den Erfüllungsort versendet. Damit hat der Verkäufer lediglich eine Schickschuld, der Käufer trägt die Gefahr und muss sich selber um den Versicherungsschutz kümmern. In Einzelfällen kann jedoch der Handelsbrauch von dieser Regelung abweichen, weshalb es sinnvoll ist, eine sichere Regelung in den AGBs vorzusehen. Welche Lieferkondition vereinbart wird, hängt von vielen Faktoren ab; sie ist immer auch ein Element der Preisgestaltung im Kaufvertrag. So kann es durchaus im Interesse des Verkäufers liegen, Leistungen wie die Fracht oder die Versicherung variabel mit dem Käufer zu verhandeln und nicht automatisch „gratis“ mitzuliefern. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass die vertragliche Vereinbarung und die Rechnungsstellung auch den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht. Ein häufig erlebter Klassiker ist der Fall, in dem die Handelsrechnung als Lieferkondition „ab Werk“ ausweist, unten jedoch Fracht- und Versicherungskosten aufführt. Hier liegt ein Widerspruch vor, der leicht vermeidbar wäre, wenn als Lieferkondition „Frei Haus versichert“ aufgeführt wird. Käufer und Verkäufer müssen beachten, dass ihre eigene Gefahrtragung angemessen abgesichert wird. Die Transportrisiken sind zu bewerten und bei Bedarf über eine Transportversicherung abzudecken. Es hängt natürlich immer davon ab, bis zu welcher Größenordnung ein Unternehmen Risiken selber tragen möchte. Die erste Prüfung sollte daher sein, welcher Ladungswert sich maximal auf einem Transportmittel befinden kann, wobei zu beachten ist, dass mehrere Container auch auf einem Seeschiff gemeinsam verladen werden können. Sollte sich hier ein Wert ergeben, der als versicherungswürdig angesehen wird, bietet die Transportversicherung angemessene Möglichkeiten zur Abdeckung.

Begrenzte Haftung

Häufig hört man das Argument, dass die Spedition die Gefahr trägt und für einen Schaden aufzukommen hat. Dabei wird übersehen, dass ein Verkehrsträger (Spedition/Frachtführer) lediglich im Rahmen der Geschäftsbedingungen haftet und nicht die Gefahr trägt. Die Haftung ist in den meisten Fällen beschränkt auf 8,33 Sonderziehungsrechte (zur Zeit etwa 10,60 Euro) je Kilogramm Frachtgewicht und liegt damit häufig weit unter dem Warenwert. Darüber hinaus ist der Verkehrsträger z.B. von der Haftung befreit, wenn der Schaden durch höhere Gewalt, ungenügende Verpackung oder auf Grund des Be-/Entladens durch den Absender/Empfänger verursacht wurde. Bei einer eigenen Transportversicherung besteht demgegenüber die Deckung unabhängig von der Haftung eines Verkehrsträgers. Im Falle eines Schadens richtet sich die Ersatzpflicht alleine nach den Bestimmungen der Police, die bei einem Mitverschulden des Versicherungsnehmers weitgehende Entlastungsbestimmungen beinhalten kann und natürlich auch keinen Ausschluss bei höherer Gewalt vorsieht. Wenn ein Schadenfall eingetreten ist, für den der Verkehrsträger zur Verantwortung gezogen werden kann, erfolgt dies in einem Regressverfahren durch den Versicherer, und der Versicherungsnehmer bleibt dabei meist außen vor. Wenn sich ein Unternehmen entschließt, eine Transportversicherung abzuschließen, sollte es zunächst seine Warenbewegungen erfassen. Dabei sind nicht nur die selber beauftragten Transporte zu berücksichtigen, sondern auch z.B. Wareneingänge auf der Basis CIF oder CIP. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass der Versicherungsschutz des Lieferanten im Schadenfall nicht so tragfähig ist, dass voller Ersatz zu erlangen ist. Ähnlich sieht es auch auf der Abnehmerseite aus. Nicht jeder Kunde, der „Ab Werk“ kauft, ist im Schadenfall bereit, den Kaufpreis in voller Höhe zu bezahlen, was noch verschärft wird, wenn die Beauftragung des Verkehrsträgers durch den Verkäufer erfolgte.  Eine sorgfältig gestaltete Transportversicherung trägt diesen Umständen durch die Vereinbarung entsprechender Klauseln Rechnung. So kann eine Schutzversicherung auch dann Deckung bieten, wenn der Geschäftspartner vertragswidrig keinen ausreichenden Versicherungsschutz bereitstellt stellt oder den Kaufpreis aufgrund eines Transportschadens verweigert, obgleich dieser in seiner Gefahrtragung eingetreten ist.

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